Umweltpolitik: Der Wald braucht Schutz

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Nächstes Jahr könnte die Schweiz ein Jubiläum feiern: Dann ist das Waldgesetz 150 Jahre alt. 1876 hat der Bundesrat Bergwälder vor Kahlschlägen geschützt, 1898 wurde der Schutz auf die ganze Schweiz ausgeweitet. Schon seit dem 19. Jahrhundert gilt: Die Waldfläche darf nicht abnehmen. Wer Wald rodet, muss woanders aufforsten. 2001, zum 125-Jahr-Jubiläum, würdigte SP-Bundesrat Moritz Leuenberger das Gesetz: «Die Schweiz hat den Wald reden gehört, seine Warnungen ernst genommen und mit dem modernen Umweltschutz begonnen.

Doch das Jubiläum ist abgesagt. Am 12. Juni hat nach dem Ständerat auch der Nationalrat eine Motion des St. Galler Mitte-Ständerats Benedikt Würth angenommen, die das Waldgesetz aufweicht: Künftig kann der Rodungsersatz «mindestens zur Hälfte durch Aufwertungsmassnahmen der bestehenden Waldfläche erfolgen».

Im Berggebiet wächst der Wald seit Jahren, weil steile Wiesen nicht mehr bewirtschaftet werden. Doch im Mittelland steht er enorm unter Druck. Fällt der strikte Waldschutz, sind Begehrlichkeiten der Bauwirtschaft absehbar. Anders als im Agrarland hat im Wald die Arten- und Lebensraumvielfalt in den letzten Jahren zugenommen. Und dank Waldgesetz gibt es auch in Stadtnähe noch so viel Wald, dass ihn ein grosser Teil der Bevölkerung zu Fuss erreichen kann. Für die körperliche und psychische Gesundheit ist er von unschätzbarem Wert.

Bäuer:innen kritisieren zu Recht, dass das Landwirtschaftsland viel weniger gut geschützt ist als der Wald. Doch das lässt sich nicht beheben, indem man den Waldschutz aufweicht. Sondern indem das Landwirtschaftsland besser vor Bauprojekten geschützt wird. Sie sind die grosse Bedrohung für die fruchtbaren Flächen in diesem Land, nicht Aufforstungen.

Schon seit längerem politisieren das Parlament und SVP-Umweltminister Albert Rösti umweltpolitisch an der Bevölkerung vorbei. Der Angriff auf den Waldschutz könnte eine Chance sein, dieses Gebaren zu stoppen. Die Schweizer Bevölkerung liebt ihren Wald. Ein Referendum liesse sich gewinnen.