Syrien: Minderheiten unter Beschuss

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Es war ein verheerender, feiger Anschlag auf betende Menschen, der am Sonntag die Kirche Mar Elias in einem christlichen Viertel von Damaskus erschütterte. 25 Menschen sind ums Leben gekommen, über 50 wurden verletzt. Männer, Frauen und Kinder, die sich im Gotteshaus versammelt hatten, um der Messe beizuwohnen, und Passant:innen, die von der Wucht der Explosion getroffen wurden.

Unklar ist noch die Anzahl der Attentäter, die nach Angaben der syrischen Regierung der Terrororganisation IS angehören sollen. Die Gruppe schweigt bislang. Sicher ist, dass sich ein Mann in die Luft sprengte, nachdem er das Feuer auf die Gläubigen eröffnet hatte. Die Bilder zeigen eine Schneise der Verwüstung vor dem Altar.

Dies ist nicht der erste IS-Angriff seit dem Fall des Assad-Regimes. Bislang beschränkten sich die Attacken jedoch vor allem auf Checkpoints, Militärposten und Mitglieder der Streitkräfte, hauptsächlich im kurdischen Nordostsyrien. Dass Zivilist:innen bei einem Selbstmordanschlag in einer Kirche der Hauptstadt zum Ziel werden, hat eine neue Qualität.

In den vergangenen Monaten waren die Minderheiten der Alawit:innen und Drus:innen von Gewalt betroffen – unter verschiedenen Umständen und verübt von unterschiedlichen Gruppen. Diesmal waren die Christ:innen das Ziel. Wieso genau jetzt und ob der Zeitpunkt mit den Entwicklungen im Nahen Osten zusammenhängt, darüber kann zurzeit nur spekuliert werden. Sicher ist, dass die kurdischen Sicherheitskräfte in Nordostsyrien seit Monaten vor einem Erstarken des IS und vor zunehmenden Anschlägen warnen. Die Kurd:innen waren indes bislang durch den Konflikt mit von der Türkei gesteuerten Kräften stark beansprucht. Beobachter:innen sorgen sich in diesem Zusammenhang wegen der Entscheidung der USA, Truppen aus Syrien abzuziehen. Sicher ist ebenso, dass jede Destabilisierung in der Region von extremistischen Gruppen als Chance gesehen werden kann.

Syriens Präsident Ahmed al-Scharaa und seine Verbündeten haben bei der Machtübernahme im Dezember versprochen, die Minderheiten im Land zu schützen, und sich von der eigenen islamistischen Vergangenheit distanziert. Jetzt braucht es vor allem eines: eine starke Antwort der syrischen Regierung auf extremistische Gruppen, die Christ:innen im Land vor weiteren Anschlägen schützt und den Versprechen Taten folgen lässt.