Frühmorgens im Kopf von KKS

Einfach ist der Job nicht. Aber es hilft, wenn ich in den Spiegel schaue und zu mir sage: Karin, du schaffst das! Ui, zur Coiffeuse sollte ich auch mal – die Mèches wachsen schon wieder raus. Manchmal stinkts mir einfach. Aber wer von den andern käme denn mit meinem Departement klar?

Simonetta hatte schon lange keine Lust mehr auf Recht und Gesetz, der Ueli unterstützt die Grosskonzerne mit seinem Buurebüebli-Image doch perfekt, und Ignazio ist ein Weichei. Ich meine, wenn man sich auf den Bundesplatz stellt und stundenlang «Mein Freund Wolodimir!» scharwenzelt, hat man für Flüchtlingszahlen garantiert kein Augenmass. Der eitle Alain hat zu viel mit sich selbst zu tun. Guy hat leider ein viel zu weiches Herz, und Viola ist beschäftigt.

Die Coiffeuse ist ja nett, aber vor kurzem hab ich mir tatsächlich überlegt, eine neue zu suchen. Sagt die doch beim Haarewaschen zu mir, wenn ich im Fernsehen käme, würde ich oft ein bisschen gequält lächeln – ich sei doch sonst so nett. Ich fands ziemlich frech, aber sie kennt mein Haar.

Wieso kapieren die Leute nicht, dass sich der Schutzstatus S wirklich nur für Ukrainerinnen eignet? Wenn ich mir die anderen Flüchtlinge angucke, aus Syrien oder sonst einem Wüstenland, das mit unserem nicht zu vergleichen ist, dann haben die Leute aus der Ukraine in derselben Zeit doppelt so viele Jobs gefunden – doppelt so viele! Traumatisiert sind die schliesslich auch. Die Idee da aus England mit der Asylantenauslagerung find ich noch interessant. Es muss ja nicht Ruanda sein.

Jetzt fangen sie auch wieder an, mich mit ihrer Konzernverantwortung zu nerven. Es ist nun mal, wie ich immer gesagt habe: Natürlich gibt es Korruption, und natürlich besticht Glencore reihenweise Politiker in Afrika – das geben sie ja sogar zu. Aber sie kommen vor Gericht! Halt einfach nicht in der Schweiz – schliesslich ist es auch nicht hier passiert.

Es gibt ja so ein Werbefoto, auf dem ich mit einer WOZ in der Hand im Zug sitze – die Idee fand ich damals lustig. Jetzt fragen die mich dauernd nach einem Interview. Chasch dänke!
Qualle Aurelia ist so empathisch, dass es wehtut: Im «Zoo» auf woz.ch berichtet sie aus fremden Köpfen.