Kürzlich hat der Bundesrat einen Gesetzesentwurf in die Vernehmlassung geschickt, der die Ausfuhr von Gütern, die zur Folter oder zur Vollstreckung einer Todesstrafe verwendet werden, unter Strafe stellen soll. Allein das Faktum, dass es dafür noch keinen Artikel im Strafgesetzbuch gibt, ist stossend. Die Nachricht sollte uns aber den noch viel weiter gehenden Skandal in Erinnerung rufen, der sich dahinter verbirgt: Obwohl die Uno-Antifolterkonvention hierzulande seit 1987 in Kraft ist, ist der Straftatbestand der Folter noch immer nicht im Strafgesetzbuch verankert. Ergo: Folter ist in der Schweiz nur im Kontext von Verbrechen gegen die Menschlichkeit und von Kriegsverbrechen explizit verboten.
«Um Folter zu ahnden, müssen die Schweizer Strafverfolgungsbehörden auf einen oder mehrere von rund fünfzehn Tatbeständen zurückgreifen, die von Körperverletzung über Tätlichkeiten, Drohungen oder Nötigung bis zu Gesundheitsgefährdung reichen», schreibt die Schweizer Menschenrechtsorganisation humanrights.ch. «Eine ganze Reihe von Folterhandlungen können nur sehr schwer oder gar nicht verfolgt werden, da sie keine Spuren hinterlassen, wie Schlafentzug, lange Vermummung, andauernde Exposition gegenüber übermässigem Licht oder Musik oder andere moderne Techniken.»
Es ist daher nicht erstaunlich, dass die Schweiz regelmässig gerügt wird: Zuletzt war es das Komitee zur Verhütung von Folter des Europarats, das die Schweiz scharf kritisierte. Bei seinem Besuch im März 2021 stellte das Komitee unterschiedliche Verstösse gegen das Verbot von Folter und unmenschlicher und erniedrigender Behandlung fest. Erwähnt wurden unter anderem überfüllte Gefängnisse in der Westschweiz, die unmenschliche Betreuung von Asylsuchenden in Bundesasylzentren, das Haftregime der Untersuchungshaft im Kanton Zürich oder die Anwendung von Disziplinarmassnahmen gegenüber Menschen mit psychischen Erkrankungen.
Inzwischen ist eine parlamentarische Initiative des GLP-Nationalrats Beat Flach, die Folter als eigenen Straftatbestand fordert, von beiden Rechtskommissionen angenommen worden und kommt als Nächstes in den Nationalrat. Höchste Zeit!
Fakten, Fakten, Fakten: Der Oberleguan rückt die Dinge zurecht.