Credit Suisse: Wie verrückt ist das denn?

Vorhin traf ich am Bürkliplatz am Ende der Bahnhof­strasse eine Ente - eigentlich ist sie mir ziemlich ähnlich, dachte ich kurz. Doch da sagte sie: «Hey, kleiner Flieger, Chef der Credit Suisse sollte man sein. Da kannst du machen, was du willst. Du kannst dir Millionensaläre zahlen, Millionenboni aushandeln und Beteiligung an künftigen Gewinnen. Das Geld deiner Kund:innen kannst du in die risikoreichsten Anlagen stecken: Verspekulierst du dich damit, zahlts der Kunde, gibts einen Profit, so kriegst du einen Anteil. Du kannst auch Kriminellen und Diktatoren Kredite geben oder ihnen beim Geldwaschen und Steuerhinterziehen helfen - wenns auffliegt, gibts halt ne Busse für die Bank, was solls. Du kannst ihnen auch coole Jachten und Privatjets vorfinanzieren und von ihrem Beziehungsnetz profitieren. Du kannst wegschauen, wenn deine Untergebenen für profitable Geschäfte ein paar Politiker schmieren. Du kannst Vorhaben finanzieren, die die fettesten Gewinne versprechen - Kohleminen, Ölbohrungen, Flüssiggasterminals - und auf die Klimaauswirkungen einfach scheissen. Du kannst mit deiner Bank sogar ganze Länder in Armut treiben - und einfach so weitermachen. Und weisst du, was das Beste ist? Wenn es dennoch schiefläuft, wenn dir die Kund:innen und Aktionär:innen davonlaufen, dann kommt mitten in der Nacht die Nationalbank und gibt dir 50 Milliarden Franken, damit du weitermachen kannst. Wie verrückt ist das denn? Deine Bank ist too big to fail!»

«Hey, du blöde Ente», sagte ich darauf. «Tauch ab, du nervst. Hör auf, von so einem Drecksleben zu fantasieren. Träume lieber von einer Gesellschaft, in der sich die Bevölkerung aktiv gegen solche Banken wehrt. Wo der Staat gezwungen wird, den Finanzplatz so zu kontrollieren, dass er nicht all diesen Wahnsinn anrichten kann. Und wo die Nationalbank nicht 50 Milliarden der Credit Suisse gibt, sondern in den weltweiten Bau von vogelfreundlichen Windrädern und Solaranlagen steckt.»

Dann flog ich hinüber zum Paradeplatz und schiss aus Wut ein paar Krawattenträgern, die grad aus der Bank kamen, auf den Kopf.
Mona Molotov ist die meinungsstärkste Möwe des Landes. Sie schreibt regelmässig im «Zoo» auf woz.ch.