Was für ein Tag – I’m back! Dio mio – hat mir das Adrenalin gefehlt! Bei der Swiss Re wars einfach nur langweilig, und es wurde jeden Tag schlimmer. Wie hab ich das vermisst: Tag für Tag nicht nur ein Problem, sondern massenhaft Probleme lösen. Endlich bin ich wieder im Zentrum eines grossen Systems. Das schafft eine positive Energie. Und für die Verwaltung von fünf Billionen Dollar Kundengeldern brauchts wirklich jede Menge Energie. Es sind schliesslich fünf deutsche Billionen – nicht amerikanische Billions –, das ist eine Fünf mit zwölf Nullen dran. Ach, wenn mein Vater das noch erleben könnte!
Für Ralph tuts mir leid. Echt. Aber, sorry, der hat ja immer noch ein Geldwäscheverfahren am Hals. Und auch wenn Colm jetzt behauptet, es spiele keine Rolle, dass ich Schweizer bin – das muss er ja sagen! –, ist es natürlich wichtig. So ticken wir Schweizer nun mal. Von so einer Fusion hab ich ja schon früher geträumt, und jetzt werfen sie sie mir in den Schoss. Ich hätte nicht Nein sagen können, schreiben sie, ich hätte den «call of duty» gehört. Aber ich habe vor allem nicht Nein sagen wollen! Geld spielt bei mir keine Rolle, aber die Chance auf so ein gigantisches Riesending kommt für mich nicht mehr wieder. Weltweit ganz vorn dabei sein – darum gehts!
Jetzt wird überall zitiert, dass ich mal irgendwo gesagt habe: «Die Schweiz ist reich geworden durch Schwarzgeld. Wenn wir überall einen Schwarzen Peter verteilen würden, wo unversteuertes Geld drin ist, wäre die ganze Bahnhofstrasse voll von Schwarzen Petern.» Natürlich stimmt das immer noch, vor allem bei dem ganzen Krempel, den wir jetzt von der CS übernehmen. Aber eine gute Krisenkommunikation ist nun mal das halbe – nein, das ganze Geschäft. Mein Mantra lautet: Das ist vorbei. Die Missstände liegen in der Vergangenheit. Bei der UBS herrscht heute eine gute Kultur mit Fokus auf nachhaltige Resultate. Und wenn die Schweiz ein Finanzzentrum bleiben will, braucht sie eine stabile globale Grossbank. Punkt.
Meine Ziele haben sich selbstverständlich nicht geändert: weniger Regulierung, tiefere Steuern für Grosskonzerne, Rentenalter 72. Das sind nun mal die Punkte, die die Schweizer Wirtschaft braucht. Aber das hänge ich im Moment bestimmt nicht an die grosse Glocke. Ich bin zwar begehrt, aber nicht blöd.
Sergio Ermotti (63) führte die UBS als CEO von 2011 bis 2020. Anschliessend war er im Verwaltungsrat der Swiss Re, ab 2021 als Präsident. Am 5. April 2023 wird er Ralph Hamers, seinen Nachfolger als CEO bei der UBS, wieder ablösen. Qualle Aurelia hat heute seinen Gedanken gelauscht.