Mit James Bond auf Instagram

So ein Geheimdienst heisst Geheimdienst, weil er geheim ist. So geheim, dass kürzlich die Daten sämtlicher Mitarbeiter:innen, ausser jenen des Chefs und seines Stellvertreters, aus dem elektronischen Staatskalender gelöscht wurden. Aber wie Tamedia berichtete, sind die gelöschten dreissig Kaderleute, teils mit beruflicher Funktion, weiterhin über Profile in sozialen Medien aufzufinden. Das ist so, als stünden James Bond und George Smiley im Londoner Telefonbuch, Berufsangabe: Geheimagent.

Aber egal. In der Schweiz heisst der Geheimdienst «Nachrichtendienst des Bundes» (NDB), und weil eine Überprüfung ergab, dass die Qualifikation dort tätiger Topkader nicht wirklich dem State of the Art im Spionagebusiness entsprechen, werden jetzt alle Kaderstellen neu ausgeschrieben. Die Schweizer «M», hierzulande unter dem Decknamen Amherd bekannt, verlangt entschieden höhere Standards. Nur Direktor Christian Dussey sitzt fest im Sattel, denn er ist erst seit 2022 im Amt. Und auch sein Stellvertreter Jürg Bühler bleibt. Dessen brillante Fähigkeit, nichts zu sagen, ist ja seit der Dokumentation über die Affäre der Crypto AG schweizweit bekannt.

Auch beim NDB hat man inzwischen gemerkt, dass weltweit die meiste Kommunikation im Internet und dort vor allem in den sozialen Netzwerken stattfindet. Kommunizieren müssen schliesslich auch Verschwörerinnen und Terroristen. Also will man jetzt legal machen, was man – wie im letzten Dezember bekannt wurde – bisher schon illegal betrieben hat: Cyberagent:innen ins Netz einschleusen. Man habe halt gemeint, das sei legal, hiess es damals auf srf.ch, bestraft wurde niemand, denn «Führungsprobleme seien strafrechtlich nicht relevant».

Um in sozialen Netzwerken «nachrichtendienstlich relevante Daten zu sammeln», erhalten die Cyberagent:innen Tarnidentitäten, die von «M» aka Amherd einzeln bewilligt werden müssen und auf fünf Jahre befristet sind. Für uns Bürgerinnen, Bürger, Möwen und andere interessierte, denkende Wesen heisst es also ab jetzt: Augen auf bei sämtlichen Freundschaftsanfragen, Vernetzungswünschen, neuen Follower:innen in welchem Netzwerk auch immer: Hinter «Jeremias Gotthelf» oder «Niklaus von der Flüe» kann immer auch ein virtueller Geheimagent stecken.

Mona Molotov ist die meinungsstärkste Möwe des Landes. Sie schreibt regelmässig im «Zoo» auf woz.ch.