Sparpolitik: «Auch Landschaft braucht Care-Arbeit»
Diese Woche ging die Vernehmlassung zum Entlastungspaket 2027 zu Ende. Das Sparprogramm bedroht auch bewährte ökologische Instrumente – nicht zuletzt solche zum Schutz vor Naturgefahren, der immer wichtiger wird.

Wenn Valentin Birbaum über Bäume spricht, ist ihm die Freude anzumerken. Der junge Landwirt führt einen Biohof in Wallenbuch, einer ruhigen Gegend zwischen Bern und Murten. An den Hof ist «TaPatate!» angeschlossen, ein Projekt der solidarischen Landwirtschaft (Solawi): Konsument:innen beteiligen sich an der Produktion und bekommen Ernteanteile vom Hof. Zusammen mit Solawi-Mitgliedern hat Birbaum 2021 eine Agroforstanlage geplant und gepflanzt: Obstbäume und Beerensträucher stehen in Reihen, dazwischen wird gemäht. Seit diesem Frühling wächst auch Gemüse zwischen den Bäumen.
Agroforst bringt vielfältigen Ertrag, fördert Vögel, Hermeline und andere Wildtiere, sieht schön aus – und hat einen Effekt auf das Klima: Die Bäume schützen vor Wind und dem Austrocknen der Böden, und sie holen mit ihren Wurzeln Wasser aus tiefen Bodenschichten. Birbaum erzählt von Kolleg:innen aus Norddeutschland, wo Dürreperioden und sandige Böden die Landwirtschaft an ihre Grenzen bringen: «Sie haben schnell wachsende Weiden und Pappeln gesetzt. Nach drei, vier Jahren konnten sie die ausgetrockneten Flächen wieder nutzen.»
Der Fonds Landschaft Schweiz (FLS) hat den Agroforst in Wallenbuch mit 5000 Franken unterstützt. «Das war eine grosse Hilfe, weil die Bäume in den ersten Jahren keinen Ertrag abwerfen», sagt Birbaum. «Als junger Betrieb wäre es schwierig gewesen, die Anlage allein zu finanzieren.»
Der Fonds soll weg
Den FLS gibt es seit 1991. Schöne Landschaften für die Bevölkerung als Geschenk zur 700-Jahr-Feier der Eidgenossenschaft – das war die Gründungsidee. Nun ist der Fonds bedroht: Das Entlastungspaket 2027 sieht seine Streichung vor. Die Sparpläne, die auf den sogenannten Gaillard-Bericht zurückgehen, wurden und werden heftig kritisiert (siehe WOZ Nr. 37/24). Im Umweltbereich sorgte vor allem die geplante Streichung der Subventionen für Nachtzüge und das Gebäudeprogramm für Empörung. Kaum beachtet blieben eine Reihe weiterer Kürzungen. In der Summe stellen sie einen deutlichen Abbau dar.
Die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz ist nicht mit dem FLS verbunden, aber verteidigt den Fonds: «Der FLS ist niederschwellig und professionell», sagt Franziska Grossenbacher, Kogeschäftsleiterin der Stiftung. «In seinen Projekten steckt viel Freiwilligenarbeit – von Leuten, die lokal für ihre Landschaften aktiv sind und sich stark damit identifizieren. Die Pflege von Kastanienselven, Rebbergen oder Waldweiden ist aufwendig. Auch Landschaft braucht Care-Arbeit.»
Zurück zu Bauer Valentin Birbaum. Er ist noch von einer weiteren Sparmassnahme betroffen: Der Bund will statt neunzig nur noch fünfzig Prozent der Landschaftsqualitätsbeiträge bezahlen. Für den Rest sollen die Kantone aufkommen.
Die Landschaftsqualitätsbeiträge sind Teil der Direktzahlungen. Bei ihrer Einführung waren sie umstritten: Wird die Schweiz damit zum Ballenberg? (Siehe WOZ Nr. 21/14.) Doch gut zehn Jahre später zeigt sich: Sie kommen gerade vielfältigen, arbeitsintensiven Betrieben wie dem Biohof in Wallenbuch zugute – und können die Industrialisierung der Landwirtschaft zumindest etwas bremsen. «Wir fördern Biodiversität und Landschaft aus Überzeugung, arbeiten auch mit der Vogelwarte zusammen. Aber viele machen es nur wegen der finanziellen Anreize, das ist leider so», sagt Birbaum.
Es sei absehbar, dass die ärmeren Kantone den Anteil des Bundes nicht ersetzen könnten, sagt Grossenbacher von der Stiftung Landschaftsschutz. Das gibt der Bund in seinem Bericht zum Entlastungspaket 2027 sogar selber zu: Er rechnet mit «negativen Auswirkungen auf die regionale Biodiversität und die Landschaftsqualität».
Neue Allianzen?
Das ist noch nicht alles: Der Bundesrat will auch zehn Prozent bei den Verbundaufgaben im Umweltbereich kürzen. Das sind Aufgaben, für die Bund und Kantone gemeinsam zuständig sind. Viele haben mit Wald und Gewässern zu tun – und damit direkt mit Naturgefahren, die mit dem immer instabileren Klima zunehmen. «Die Kürzung geht in eine völlig falsche Richtung», sagt Thomas Egger, Direktor der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete (SAB). «Die Naturgefahrenprävention muss ausgebaut werden, sicher nicht gekürzt! Die Unwetter im Sommer 2024 haben das deutlich gezeigt.» Das Entlastungspaket verschiebe die Lasten einfach zu den Kantonen, bei den Verbundaufgaben genauso wie bei den Landschaftsqualitätsbeiträgen. «Diese helfen unter anderem, Alpweiden vor Verbuschung zu bewahren – und leisten so auch einen Beitrag zur Naturgefahrenprävention. In gepflegten Landschaften gibt es weniger Erdrutsche und Waldbrände.»
Die Vernehmlassung zum Entlastungspaket 2027 ging diese Woche zu Ende. Auch der Bauernverband verteidigt den Fonds Landschaft Schweiz und die Landschaftsqualitätsbeiträge, wie er auf Anfrage schreibt. Der Schweizerische Verband der Bürgergemeinden und Korporationen hat sich ebenso geäussert.
Während Landschaftsschutz heute als links gilt, hängt die konkrete Arbeit mit der Landschaft oft an Menschen aus ländlichen, rechtskonservativen Regionen. Könnte der drohende Abbau helfen, neue Allianzen zu bilden?