Sparpaket des Bundes: Suche nach faulen Ostereiern

Nr. 40 –

Als wären die geplanten Kürzungen nicht einschneidend genug, lauert in einem unscheinbaren Paragrafen des bundesrätlichen «Entlastungspakets» ein weiterer Sparhammer, der unter anderem die Kultur bedroht.

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zwei Personen bei der Weidepflege
Weidepflege im Rahmen einer Pro-Natura-Aktion: Das «Entlastungspaket» des Bundes setzt Projekte in verschiedensten Bereichen unter Druck. Foto: Jean-Christophe Bott, Keystone

Bildung, Klima, Entwicklungshilfe, Landwirtschaft, Kultur – in all diesen und weiteren Bereichen soll mit dem sogenannten Entlastungspaket 2027 gespart werden. Über den Umfang und die einzelnen Sparmassnahmen wird seit Bekanntwerden des Pakets gestritten – je nach Lautstärke und Lobby der Betroffenen mit mehr oder weniger Erfolg. Wenig Erfolg hatte die Kultur, wo die Ausgaben bis 2030 eingefroren werden sollen und die auch von weiteren Kürzungen betroffen ist.

Einigen Branchenvertreter:innen fiel nun auf, dass da noch ein weiterer Sparhammer lauert, der nicht nur der Kultur droht: Eine im Sparpaket enthaltene Änderung des Subventionsgesetzes sieht vor, dass Finanzhilfen in Form nicht rückzahlbarer Beiträge fünfzig Prozent der Gesamtkosten einer Aufgabe – etwa die Finanzierung eines Museums – nicht übersteigen dürfen. Nicht betroffen sind Abgeltungen, also Beiträge an bundesrechtlich vorgeschriebene Aufgaben oder vom Bund übertragene Aufgaben.

Das Aus für professionelle Kultur

Hinzu kommt eine weitere Verschärfung, die in der Mitte September veröffentlichten Botschaft zum Sparpaket versteckt war: Die fünfzig Prozent sollen sich nicht nur auf Bundesmittel beziehen, sondern auch Gelder von Kantonen und Gemeinden miteinbeziehen.

«Herauszufinden, wo genau überall gekürzt wird, fühlt sich wie eine Ostereiersuche an», sagt Alex Meszmer. Meszmer ist Künstler und Kurator und seit 2020 Geschäftsleiter von Suisseculture. Der Dachverband vertritt Organisationen professioneller Kulturschaffender und Verwertungsgesellschaften wie etwa die Suisa. Schon heute ist im Gesetz geregelt, dass Empfänger:innen von Finanzhilfen Eigenleistungen erbringen, die ihnen gemäss ihrer Wirtschaftlichkeit zugemutet werden können. Es sei gängig, so Meszmer, dass je nach Projekttyp bestimmte Anteile als Eigenleistung erbracht würden und der Rest aus öffentlichen Mitteln bestehe. Jedoch: «Einfach eine grundsätzliche Deckelung von fünfzig Prozent zu definieren, ergibt überhaupt keinen Sinn.»

Ganz ähnlich klingt es bei der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia, die davon ausgeht, von der neuen Regelung direkt betroffen zu sein, ja gar einen grossen Teil ihrer gesetzlichen Aufgaben nicht mehr erfüllen zu können. Grund dafür sei die Tatsache, dass alle von der Stiftung ausbezahlten Gelder dem Subventionsgesetz unterworfen seien. Pro Helvetia vergibt etwa Subventionen für Nachwuchsförderung, Werkbeiträge oder Leistungsvereinbarungen an Institutionen. Für Alex Meszmer ist klar: Sollte es in Zukunft nicht mehr möglich sein, gewisse Arten der Förderung zu mehr als fünfzig Prozent durch Gelder von Bund, Kantonen und Gemeinden gemeinsam zu finanzieren, wäre dies das Aus für professionelle Kultur in der Schweiz.

Unmöglich sollte dies indes nicht sein: So sieht die Gesetzesänderung explizit Ausnahmen in «begründeten Fällen» vor, etwa wenn die Nutzniessenden der Subvention eine «geringe wirtschaftliche Eigenleistung aufweisen», beispielsweise selbst wirtschaftlich benachteiligt sind. Wie viele Ausnahmen es in welchen Bereichen geben wird, ist selbstredend unklar.

Unklares Ausmass, klare Richtung

Nicht nur in der Kultur, sondern etwa auch in der Luftfahrt, der Landwirtschaft oder im Bereich Umwelt gibt es zahlreiche Aufgaben, die heute zu mehr als fünfzig Prozent über Finanzhilfen finanziert werden. Bei anderen potenziellen Betroffenen herrscht die gleiche Mischung aus Unsicherheit und Besorgnis wie in der Kulturbranche. So heisst es etwa bei der Naturschutzorganisation Pro Natura, man sei noch dabei, die konkreten Auswirkungen zu analysieren, das Bundesamt für Sport antwortet ähnlich und schreibt, Subventionen, die man ausrichte, seien betroffen.

Die Unklarheit rührt zu einem Teil daher, dass das Subventionsgesetz in Teilen ein Rahmengesetz ist. Die geplante Änderung würde somit bei neuen Gesetzesbestimmungen über Finanzhilfen oder bei Revisionen greifen. Auf bestehende Subventionsbestimmungen soll die Gesetzesänderung laut bundesrätlicher Botschaft keine Auswirkungen haben.

Unsicherheit scheint aber nicht nur bei den Betroffenen zu bestehen, sondern auch bei denjenigen, die die Gesetzesänderung zu verantworten haben. So steht in der Botschaft zum Sparpaket: «Ob und in welchem Ausmass Einsparungen für den Bund resultieren, wird im Rahmen der periodischen Prüfung nach Artikel 5 des Subventionsgesetzes erhoben.» Empörend findet Alex Meszmer dieses Vorgehen: «Dass man bei einer Gesetzesänderung dieser Grössenordnung nicht einmal einen Bericht erstellen lässt, der untersucht, was das konkret bedeutet, finde ich absolut unverständlich.»

Vonseiten des Eidgenössischen Finanzdepartements heisst es, es sei keine konkrete «Entlastungswirkung» ausgewiesen, weil die Massnahme längerfristig wirken dürfte. Es handle sich um einen «programmatischen Entscheid», der die vage Formulierung der angemessenen Eigenleistung konkretisieren und «auf lange Sicht für mehr Effizienz und eine gerechtere Mittelverteilung» sorgen solle. Unter dem Deckmantel nicht erwiesener «Wirtschaftlichkeit» sollen hier also bestimmte Projekte und ganze Sektoren stark unter Druck gesetzt werden. Das letzte Wort ist jedoch noch nicht gesprochen – in der Wintersession beginnt das Parlament, über das «Entlastungspaket 2027» zu beraten.