Korruptionsvorwurf: Grüne zeigen «Team Switzerland» an

Nr. 48 –

Haben sich die Schweizer Unternehmer, die US-Präsident Donald Trump reich beschenkt haben, der Bestechung schuldig gemacht? Das muss nun die Bundesanwaltschaft untersuchen.

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Rolex-Tischuhr auf Donald Trumps Schreibtisch im Oval Office
Beute, Schmierstoff oder schlicht ein Geschenk von Freunden? Die Rolex-Tischuhr auf Donald Trumps Schreibtisch im Oval Office. Foto: Doug Mills, Laif

Die Tessiner Nationalrätin Greta Gysin und der Waadtländer Nationalrat Raphaël Mahaim, beide Abgeordnete der Grünen, haben bei der Bundesanwaltschaft Strafanzeige erstattet. Sie fordern eine strafrechtliche Untersuchung jenes Treffens schwerreicher Schweizer Geschäftsleute mit US-Präsident Donald Trump Anfang November in Washington, das mutmasslich den Durchbruch im sogenannten Zollstreit zwischen den USA und der Schweiz gebracht hat. Vorher schienen die Verhandlungen blockiert, doch kurz nach dem Treffen kam es plötzlich zur Einigung: Die Schweiz versprach unter anderem 200 Milliarden Dollar Investitionen aus der Privatwirtschaft, und die USA kündigten an, den Zollsatz von 39 Prozent auf 15 Prozent zu senken.

Der «Deal» brachte viel Kritik von links – und von der FDP. Doch wie er zu bewerten ist, ist jetzt nicht mehr nur eine politische, sondern auch eine juristisch brisante Frage. Es gehe «um die Glaubwürdigkeit unserer Institutionen, die Achtung der Rechtsstaatlichkeit und den internationalen Ruf der Schweiz», heisst es in der Anzeige, die der WOZ vorliegt.

Im Kern der Anzeige, die sich formell gegen unbekannt richtet, stehen die kostbaren Geschenke, die die Schweizer Manager Trump wie die Heiligen Drei Könige dem Jesuskind überreichten. So packte Rolex-CEO Jean-Frédéric Dufour eine teure Tischuhr aus; geschätzter Wert der Spezialanfertigung: mehrere Zehntausend Franken. Ein Begleitbrief dazu wurde später publik. Noch kostspieliger war das Geschenk, das gemäss «SonntagsBlick» Goldhändler Marwan Shakarchi Trump übergab: ein personalisierter Goldbarren, der laut «Guardian» einen Wert von über 100 000 Franken hat. Beide Präsente tauchten später auf Bildern aus dem Oval Office auf.

Die Grünen sehen durch diese Geschenke Artikel 322septies des Strafgesetzbuchs verletzt, der die «Bestechung fremder Amtsträger» betrifft. Es scheine sicher, dass die Zölle von 39 Prozent «direkte wirtschaftliche Auswirkungen auf die Geschäfte der von der Schweizer Delegation vertretenen Unternehmen hatten», heisst es in der Anzeige. Und das Treffen sei schliesslich der «Wendepunkt» in den Zollverhandlungen gewesen. Mit Trump am Tisch sassen neben Dufour und Shakarchi der Finanzinvestor Alfred Gantner von der Zuger Partners Group, Johann Rupert, Präsident des Luxusgüterkonzerns Richemont, und Daniel Jaeggi vom Ölhändler Mercuria.

Erinnerungen an den Fall Maudet

Der Normalbürger frage sich zu Recht, ob diese Geschenke rechtmässig seien, schreiben die Grünen in ihrer Anzeige. «Der Zweck heiligt nicht alle Mittel, insbesondere wenn es um die Einhaltung wichtiger Bestimmungen unserer Rechtsordnung geht.» Sie verweisen auf den Korruptionsfall Pierre Maudet von 2021: Der damalige Genfer FDP-Staatsrat wurde wegen einer offerierten Luxusreise nach Abu Dhabi verurteilt. Und da sollen Geschenke im Wert von über 100 000 Franken rechtens sein? Greta Gysin sagt gegenüber der WOZ: «Das übersteigt bei weitem alles, was international üblich ist oder wir als Amtsträger:innen in der Schweiz annehmen dürfen.»

Fraglich ist, ob die Bundesanwaltschaft nicht auf Eigeninitiative hätte tätig werden müssen. Eine Anfrage der WOZ, ob sie, seit das Treffen bekannt geworden ist, von sich aus aktiv geworden sei, bleibt bisher unbeantwortet. Doch eigentlich wäre sie von Amtes wegen verpflichtet, bei einem entsprechenden Verdacht eine Untersuchung einzuleiten, da es sich bei Bestechung um ein Offizialdelikt handelt. Die Frage für die Bundesanwaltschaft lautet nun: Lassen sich die Geschenke an Trump im Sinne des Schweizer Strafrechts rechtfertigen oder nicht? Bei einer Verurteilung drohen eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren.

Wichtig für die Beurteilung der Vorwürfe wird vermutlich sein, wie die Bundesanwaltschaft den Rechtsrahmen für die Annahme solcher Geschenke in den USA auslegt. Auch im US-Recht ist die Annahme von Geschenken durch Amtsträger:innen stark reglementiert. Doch gerade Trump gewährt sich da viel Spielraum. Zu viel, fand der US-Kongress nach dessen erster Amtszeit, als er sich in einer Erklärung beschwerte, dass Trump viele offizielle Geschenke nicht, wie rechtlich verlangt, angemeldet hatte. Dass die Luxusuhr und der Goldbarren aus Genf irgendwann in den Privatbesitz von Trump übergehen könnten, lässt sich angesichts dessen kaum ausschliessen.

Was wusste Parmelin?

Zur juristischen Aufarbeitung, die die Grünen nun angestossen haben, kommt die politische. Gysin sagt, bei der Anzeige gehe es nicht um den «Deal» an sich, «den werden wir politisch angehen». Angriffsfläche gibt es da genug. Sie verweist auf die Chlorhühner oder auf die Aussage von Exbotschafter Thomas Borer im SRF-«Club», die Manager aus dem «Team Switzerland» hätten das Verhandlungsangebot des Bundesrats mit dabei gehabt, als sie zur Audienz bei Trump erschienen seien. «Wenn das stimmt, wäre das ein Skandal», so Gysin.

Mit diversen Vorstössen wollen die Grünen in den kommenden Wochen Antworten einfordern. Dann muss Bundesrat Guy Parmelin (SVP) endlich Transparenz schaffen. Am Wochenende erklärte er im SRF, dass er nichts von den Geschenken gewusst habe. Das sei eine private Angelegenheit gewesen. Aber keine Bestechung, wiegelte er ab. Doch diese Frage muss nicht er, sondern nun die Bundesanwaltschaft klären.