Film: Hype und Hipsters
«Ohne Fraktus hätte es Techno gar nie gegeben», sagt der frühere MTV-Moderator Steve Blame. Auch Dieter Meier (Yello) oder Blixa Bargeld (Einstürzende Neubauten) halten grosse Stücke auf die Pioniere der elektronischen Popmusik aus Schleswig-Holstein.
Tatsächlich steckte Electro 1982 noch in den Kinderschuhen, als Fraktus die stilbildende Platte «Tut Ench Amour» veröffentlichten. Doch nach dem Wechsel zu einem Majorlabel, das die Band in den poppigen Mainstream trieb, führten interne Konflikte schon bald zur Auflösung des Projekts.
Der Film «Fraktus» rollt nun die Bandgeschichte auf und dokumentiert, wie ein Musikmanager die drei ungleichen Vorreiter des Techno dreissig Jahre nach ihrem Abschied wieder zusammenführt. Nach anfänglichen Fehlschlägen gelingt der Band ein recht beachtliches Comeback. Anders als beim fantastisch anmutenden Musikfilm «Searching for Sugar Man» handelt es sich bei «Fraktus» um ein «Mockumentary»: Die Band Fraktus gab es in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts (aller Wahrscheinlichkeit nach) nicht. Und doch gibt es die Pionierband, die es eigentlich nie gab, heute trotzdem. Einfach als Erfindung des Hamburger Komiktrios Studio Braun (Rocko Schamoni, Jacques Palminger und Heinz Strunk), das schon seit einigen Jahren mit seiner Electro-Komikband Fraktus die grassierenden Retrowellen aufs Korn genommen hat.
Der Film (Regie: Lars Jessens) strotzt vor urkomischen, feinen wie subversiven Einfällen. Und lässt in seiner komplexen Vermischung von Fiktion und Realität, von falscher Historie und echtem Retro tief in die Untiefen der Musikindustrie blicken. «Fraktus» spielt auch virtuos mit der heutigen Hipsterszene, die versucht, durch die Kombination verschiedener Retroelemente individualistisch und avantgardistisch zu wirken.
Hipsters bevölkern den Film, ebenfalls Hipsters haben dem Film und der Komikband in Deutschland bereits einen ungeheuren Hype beschert. Einen Hype, den auch durchaus ernst zu nehmende Fachzeitschriften der elektronischen Musik wie etwa «De:bug» mittragen.
Fraktus – Das letzte Kapitel der Musikgeschichte. Ab 28. Februar 2013 in den Kinos. Regie: Lars Jessens. Deutschland 2012