Bauer Ritter Königsmacher
Es gibt zwei Sorten Pressefotos von Bauernverbandspräsident Markus Ritter: Ritter in Anzug und Krawatte, vorzugsweise gestreift. Und Ritter in blauweiss karierter Fleecejacke, darunter ein hellblaues Hemd, wahlweise mit Edelweissverzierung.
In den vergangenen Tagen haben mehrere Schweizer Medien den Fleecejacken-Ritter abgedruckt: Ritter vor einer Holzbeige im Blick. Ritter hinter einem hüfthohen Holzzaun im «St. Galler Tagblatt», hinter ihm die sanften Hügel des Toggenburgs. Ritter in seinem Kuhstall in der «NZZ am Sonntag». Jeder der Artikel inszeniert den Politiker einmal mehr als «gmögigen» Bauern, der sich selbstlos für seinen Berufsstand ins Zeug legt: anpackend, bodenständig, aufrichtig. Der Mann gewordene einstige Slogan des Schweizerischen Bauernverbands: «Von hier, von Herzen.»
Kritik wird in den Artikeln zwar brav geäussert: Die «NZZ am Sonntag» etwa, die Ritter in seiner «heimeligen» Stube in Altstätten zum Kaffee trifft, berichtet über die Machtspiele des Verbandspräsidenten, der ausgrenzt, wer nicht spurt (der Grüne Landwirt Kilian Baumann zum Beispiel wurde aus der Konferenz der bäuerlichen Parlamentarier ausgeladen), der Konzerninteressen knallhart durchsetzt und seinen Einflussbereich stetig erweitert. Aber das Bild ist gesetzt: Ritter in Fleecejacke vor schönem Braunvieh. Auf der gleichen Seite berichtet die Zeitung über Jon Pults Verwaltungsratsmandat bei der Kommunikationsagentur Feinheit, die im Sommer 2020 für eine Kampagne zur Annahme der Trinkwasser- und Pestizidinitiativen verantwortlich war. Dabei werden Pult gute Wahlchancen abgesprochen, natürlich von Ritter persönlich. Wenn sich der Kandidat nicht glaubhaft von der Kampagne distanzieren könne, sei er «kaum wählbar», heisst es im Text.
Heute Montag zitierte die Konferenz der bäuerlichen Parlamentarier und Parlamentarierinnen beide SP-Bundesratskandidaten zum Hearing. Ritter, unbescheiden wie er ist, machte nie einen Hehl daraus, dass dieser Anlass die Bundesratswahl entscheiden könnte. Nach den beiden Hearings verkündete der Verbandspräsident, man habe keinen Entscheid gefällt, äusserte sich aber gönnerhafter über Jans als über Pult. Ob das Machtspiel Ritters verfängt, wird sich zeigen. Ritter hat bereits bewiesen, was er vor allem ist: ein machttrunkener Medienprofi in Anzug und Krawatte, vorzugsweise gestreift.