US-Wahlkampf: Gibt es das auch in Schlau?

Zu den unangenehmen Nebenwirkungen der Demokratie gehört der Wahlkampf. Für mich ist er so etwas wie die Werbeunterbrechung des politischen Betriebs: immer etwas zu laut, Inhalte sind Mangelware, und wenn man sich gerade freut, das Theater überstanden zu haben, geht es von vorne los.

Wäre es nur der Wahlkampf in meiner Wahl­pflicht­heimat Deutschland, mit dem man mich alle paar Jahre belästigt, könnte ich wohl damit leben. Der deutsche Politiker:innentyp, stelle ich zu meinem eigenen Erstaunen fest, ist derjenige, mit dem ich noch am ehesten arbeiten kann. Ich glaube, die Merze und Baerböcke, die Lindners und Wagenknechte bemühen sich meistens um eine gewisse Ernsthaftigkeit. Sie tragen ihre Anliegen, so blödsinnig die im Einzelfall sein mögen, mit sachlichen Beamt:innengesichtern vor. Deutsch eben.

Leider ist es ja so, dass Amerika ein bisschen die Welt regiert. Ja, nicht wirklich, aber gewissermassen eben doch, ihr habt mich schon verstanden. Das hat jedenfalls zur Folge, dass jeder US-Wahlkampf wie eine gigantische Werbepause den globalen Nachrichtenstrom unterbricht. Und jeder muss hingucken. Unskippable.

In der vergangenen Woche hat die Ukraine erstmals eine eigene Rakete vorgestellt, Israel marschierte in Dschenin ein, in Südfrankreich ging eine Synagoge in die Luft, und mit Putin war auch wieder irgendwas. 

Aber all das geht unter angesichts von Fragen wie: Lacht Kamala Harris zu viel? Warum reden die Obamas so gut? Ist «joy», Freude, ein brauchbarer Gegenentwurf zum Messiaskult um Donald Trump? Wo ist eigentlich Taylor Swift? Denken die Re­pu­bli­ka­ner:in­nen, dass Trump Gott sei? Und wenn ja, wie viele? Natürlich leuchtet mir ein, warum diese Wahlen wichtig sind, inwiefern es einen Unterschied macht, wer gewinnt, und dass es idealerweise nicht Trump sein sollte. Aber gibt es diesen Wahlkampf auch in Schlau? Mir reicht es. Ich möchte bitte abgeholt werden. Hier sind Leute, die «Momala» für ein echtes Wort halten.

Am Dienstag gab Donald Trump bekannt, in einer Debatte beim Sender ABC News gegen Harris anzutreten. Voraussichtlich am 10. September sollen sie sich duellieren, und die ganze Welt wird hingucken, ob sie will oder nicht. Wer gewinnen wird, kann ich nicht sagen, aber wer verlieren wird, ist klar: meine Nerven.

Özge İnan wurde durch ihre politischen Twitter-Beiträge bekannt. Ihren Account hat sie zwar inzwischen gelöscht, aber noch immer kommentiert sie pointiert das Zeitgeschehen. An dieser Stelle lesen Sie immer freitags ihre Kolumne, in der sie auf die laufende Woche zurückblickt.