Film: Jäger im Niemandsland

Nr. 25 –

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Filmstill aus «Les fantômes»: eine Frau und ein Mann stehen nahe beieinander
«Les fantômes». Regie: Jonathan Millet. Frankreich/Belgien/Deutschland 2024. Jetzt im Kino.

Geschossen und getötet wird in diesem Rachethriller nur im virtuellen Raum. Die Mitglieder einer klandestinen Gruppe, die im Schengen-Raum Jagd auf untergetauchte Schergen des Assad-Regimes macht, halten ihre Lagebesprechungen in einem Online-Kriegsvideospiel ab. Einerseits lässt sich dort offen über «Bomben», «Folter» und «Terror» sprechen, ohne dass neugierige Algorithmen allzu hellhörig werden; andererseits dürfen die von Krieg und Folter traumatisierten Gruppenmitglieder für einmal auch ihre angestauten Rachefantasien ohne strategische oder moralische Zurückhaltung ausleben.

Die Realität der Jäger:innen von ehemaligen Folterknechten, die sich wie sie selbst meist als Geflüchtete tarnen, ist da um einiges weniger aufregend, aber nicht weniger lebensgefährlich oder seelisch zermürbend. Stets begleitet von den Erinnerungen an erlittene Traumata und verlorene Familienmitglieder, befinden sich Männer wie Hamid (Adam Bessa) in einer Art psychischem Niemandsland zwischen zerstörter Vergangenheit und aufgeschobener Zukunft – eine Situation, die jener von Millionen von Geflüchteten in der kafkaesken Realität des europäischen Asylsystems gar nicht so unähnlich ist. Spuren verlaufen meist im Nirgendwo, und Aussichten auf eine reguläre Existenz erscheinen noch irrealer als die Vorstellung von zwischenmenschlicher Wärme.

Für einen auf Tatsachen beruhenden Film, der sich gerne als «atemberaubender Politthriller» verkaufen würde, ist so viel Realitätsnähe aber gar nicht mal so vorteilhaft – zumindest, was seinen Unterhaltungswert betrifft. Und es hilft auch keineswegs, dass die psychologischen Tiefen, die unter der Oberfläche des attraktiv kantigen, meist aber ausdruckslosen Protagonisten schlummern sollen, hauptsächlich vom ausgeklügelten Tondesign eingelöst werden.

Am Ende ähneln die Frustrationen von «Les fantômes» jenen der Hauptfigur: die Motive nachvollziehbar und ehrenwert, die Ausführung elegant von sicheren Instinkten geleitet, die Katharsis am Ende aber bleibt, durchaus realistischerweise, aus.