Zollstreit: Transatlantische On-off-Beziehung

Nr. 29 –

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Der Zollstreit zwischen der EU und den USA schlägt seit einer Woche hohe Wellen. Ab 1. August, so Donald Trumps Drohung, würden Produkte aus der EU mit zusätzlichen dreissig Prozent Importtarifen belegt. In Europa laviert man hektisch hin und her. Ursula von der Leyens Ansage, man werde alle nötigen Schritte unternehmen, um die Interessen der EU zu schützen, lässt allerdings Raum für Interpretationen.

Einerseits hat von der Leyen klargemacht, dass eine Verhandlungslösung bevorzugt und die Option von «Vergeltungszöllen» vorerst nicht gewählt wird. Zugleich aber wurde in dieser Woche, etwa beim Treffen der EU-Handelsminister:innen, ein 72-Milliarden-Euro-Paket mit Gegenzöllen diskutiert. Das kündigte EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič an und brachte die EU damit in Position für die entscheidenden Verhandlungen in der zweiten Julihälfte. Beschwichtigen oder Stärke zeigen, Kooperation oder sich nicht einschüchtern lassen? Das ist die Grundsatzentscheidung, vor der die EU nun steht.

Für die EU-Handelskommission bedeutet dies einen weiteren Versuch, die innere Einheit zu bewahren und nach aussen handlungsfähig zu bleiben. Insbesondere geht es dabei um die künftige Form des transatlantischen Verhältnisses. Mit der Wiederannäherung am Nato-Gipfel hatte man gehofft, sich auf die sichere Seite dieser volatilen Beziehung manövriert zu haben – auch zum Preis demonstrativer Unterwürfigkeit gegenüber Trump.

Dieser jedoch sendet weiterhin widersprüchliche Signale: die angekündigten Einfuhrzölle, die erneute Zusage militärischer Unterstützung für die Ukraine und verschärfte Sanktionen gegen Russland. Für die EU fehlt all dem nicht nur die dringend gesuchte Konsistenz, es offenbart ein Grundproblem: Wie lassen sich die jüngst beschlossenen Mehrausgaben für die Verteidigung stemmen – der Preis für Trumps Gunst –, wenn dessen Zölle zugleich den dringend benötigten Exporten die Luft abschnüren? Und wenn sich so die sozialen Gegensätze weiter verschärfen, wie lässt sich der Exodus von Wähler:innen aus dem demokratischen Spektrum eindämmen?