Trumps Zölle: Die ganze Welt als Einsatz
Frustrierte Börsenspekulant:innen, nervöse Autobauer, zerknirschte Öl- und Gasförderer – eigentlich ist das doch ganz prima, was wir seit einer Woche so sehen. Donald Trump scheint durch seine Zollpolitik gerade ein ungezügeltes, umweltschädliches Wirtschaftswachstum zu stoppen – und genau das Gegenteil von dem zu bewirken, was er vorgibt zu bezwecken.
Doch leider ist es nicht so einfach: Die vergangene Woche vom US-Präsidenten verkündeten Zollerhöhungen, die seit Mittwoch für die meisten Importe in die USA gelten, stiften rund um den Globus Chaos und verbreiten Angst. Trumps Vorgehen ist eine Machtdemonstration, bei der völlig unklar ist, was am Ende herauskommen wird.
Dabei hat seine Zollpolitik durchaus auch eine rationale Seite. Die USA haben ein riesiges Handelsbilanzdefizit, importieren also viel mehr Güter, als sie exportieren. Billige Importe haben viele Industrien in den USA erodieren lassen. Trump behauptet, neue Zölle könnten das rückgängig machen und neue, gut bezahlte Jobs entstehen lassen. Allerdings ist die US-Wirtschaft inzwischen auf diese günstigen Importe ausgerichtet. Wenn sie sich nun deutlich verteuern, so geht der Konsum als Ganzes zurück, die Preise steigen, die Wirtschaft schrumpft, die Arbeitslosigkeit nimmt zu: Für die lohnabhängige Bevölkerung ist so eine Stagflation verheerend.
Den Arbeiter:innen in vielen Exportländern des Südens, etwa in Bangladesch, Vietnam oder Sri Lanka, droht derweil eine Tragödie. Die Zölle könnten Millionen sowieso schon prekär Beschäftigte, etwa im Textilsektor, noch tiefer in die Armut treiben. Zwar könnte auch die dortige Bevölkerung davon profitieren, wenn sich ihre Regierungen und die lokalen Unternehmen auf eine nachhaltige Entwicklung im eigenen Land konzentrieren würden, statt mit tiefen Lohnkosten auf dem Weltmarkt zu konkurrieren. Der Zollschock lässt aber keine Zeit für eine solche Umstellung.
Trump scheint vor allem daran interessiert zu sein, durch die neuen Zölle spezifische Zugeständnisse von verschiedenen Staaten herauszuholen: Sie sollen mehr US-Rüstungsgüter kaufen, US-Flüssiggas importieren oder den US-Techkonzernen keine Steine in den Weg legen. Er will also in erster Linie seine Klientel befriedigen.
Die arbeitende Bevölkerung in den USA kümmert Trump nicht. Die Steuern für die Reichen senkt er weiter. Bei der Nahrungsmittelhilfe und der medizinischen Grundversorgung für Bedürftige drohen Kürzungen. Auch die Massenentlassungen in den Behörden stiften Angst und Chaos, weil grundlegende öffentliche Dienste für die Normalbürger:innen nicht mehr richtig funktionieren.
Trump pokert hoch. Es gibt bislang keine Anzeichen, dass China sich beugen würde. Es verfügt Gegenzölle und nimmt einen weiteren Zollaufschlag in Kauf. Die EU hat am Mittwoch erste Zölle auf US-Importe beschlossen, weitere sollen folgen. Die Schweiz passt sich derweil an. Der Wirtschaftsverband Economiesuisse fordert vom Bundesrat, «die Hausaufgaben» zu machen. FDP-Parteipräsident Thierry Burkart denkt dabei etwa an den Abbau von «Regulierungs- und Bürokratiekosten».
Allerdings deutet vieles darauf hin, dass Trump sich verzockt. Und die absichtlich ausgelöste Krise könnte in den USA die bereits anlaufende Protestwelle noch stärken. Am Wochenende haben laut der Kampagnenorganisation Move On Millionen Menschen an rund 1300 Orten des Landes gegen Trump demonstriert.
Global gesehen, könnte Trumps Politik dazu führen, dass sich bisher Verbündete von den USA abwenden. Im besten Fall nehmen sie einen Anlauf zu einer globalen wirtschaftspolitischen Verständigung.
Sie hätten viel zu diskutieren. Zuallererst: wie soziale Sicherheit und Wohlstand mit dem Schutz der Umwelt und der Beschränkung der Erderhitzung in Übereinstimmung zu bringen sind.