Juso-Zukunftsinitiative: Ein Angriff auf die Feudalschweiz

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Uneingeschränkt grossartige Volksinitiativen sind selten. Doch die Zukunftsinitiative der Jungsozialist:innen ist so eine. Sie verlangt eine Steuer von fünfzig Prozent auf Erbschaften von fünfzig Millionen Franken und mehr. Sechs Milliarden Franken sollen so jährlich zusammenkommen und in den ökologischen Umbau fliessen – in den Ausbau des öffentlichen Verkehrs etwa oder in nachhaltige Gebäudesanierungen. Die Unterschriften sind beisammen. Die für einen Erfolg an der Urne nötige laute Debatte folgt hoffentlich noch.

Die Initiative setzt gleich auf mehreren Ebenen an der richtigen Stelle an. Sie entzieht der Kaste der Superreichen einen Teil ihrer Mittel, mit denen diese der Menschheit und dem Planeten fortlaufend Schaden zufügen. Das reichste Prozent der Schweiz verursacht allein durch seinen Lebenswandel einen CO₂-Ausstoss, der dreizehnmal so hoch ist wie derjenige der ärmeren Bevölkerungshälfte. Trotzdem schützt die Politik bislang die Exzesse des Jetsets. Im Parlament scheiterte kurz vor den Festtagen mit Unterstützung der Grünliberalen selbst eine milde Besteuerung von Privatjetflügen.

Die zweite wichtige Hebelwirkung richtet sich gegen das Feudalsystem unserer Zeit. Wo die Adelsgeschlechter nicht Hohenzollern oder Savoyen heissen, sondern Kamprad, Oeri oder Blocher. Wo unermessliche Reichtümer völlig leistungslos von einer Generation in die nächste getragen werden. Und wo diese Reichtümer fortlaufend und ohne jedes eigene Zutun durch Verzinsung und Dividenden weiter anwachsen.

Dieses System ist nicht nur fundamental ungerecht – es vergiftet auch die Gesellschaft. Achtzig Prozent der Befragten, das ergab jüngst eine gross angelegte Umfrage von SRF, erachten das Wohlstandsgefälle in der Schweiz als zu gross. Die Zukunftsinitiative der Juso kann diese Ungleichheit nicht beheben, aber doch erheblich eingrenzen. Weniger Spielgeld für die Erbreichen der Zukunft, mehr Mittel für Gesellschaft und Klimaschutz: Mehr Win-win war nie.

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Kommentare

Kommentar von kusto

Mi., 03.01.2024 - 20:31

Endlich - ist man geneigt zu sagen, aber hat die Initiative auch eine Chance? Wohl kaum. Bei der Abstimmung wird wohl über 65% die gerechten Anliegen der Juso versenken. Prost Neujahr!

Kommentar von Peter S.

Sa., 06.01.2024 - 08:22

Im Grundsatz ist die Einführung einer Erbschaftssteuer ein richtiger Ansatz. Besonders wenn es sich um sehr hohe Vermögen, wie sie die Initiative zum Ziel hat. Der Teufel liegt allerdings im Detail. Falls das Kapital in einer Unternehmung investiert ist, kann dieses wohl kaum zu 50% besteuert werden. Die Unternehmung müsste als Folge liquidiert oder verkauft werden, was wohl kaum im Interesse der Initianten liegen kann. Ohne entsprechende Klarstellung hat diese Initiative wohl zu Recht kein Chance.