Jetzt aber die Kleinen fördern!
Der Abstimmungskampf zeigte ungewollt, wie dringend die Medienförderung ist. Nach dem Nein sind die Gegner:innen in der Pflicht.
Mit einer einzelnen Zeitungsseite kann man ein Feuer entfachen, mit einem ganzen Medienpaket aber offenbar keine Begeisterung auslösen: Mit rund 55 Prozent ist der Ausbau der Medienförderung abgelehnt worden. Dass es nicht zur Annahme reichte, lag unbestritten am Paket selbst, das ein gutschweizerischer Kompromiss war. Er stellte viele zufrieden, bot aber auch so manche Angriffsfläche. Gerade die Subventionierung von Grosskonzernen, vor allem der TX-Group, störte auch die Linken. Trotz dieser Mängel machten sie sich für die Vorlage stark.
Die rechtsbürgerlichen Gegner:innen ergingen sich derweil in Heuchelei. Wie schon beim CO2-Gesetz bliesen sie zum Klassenkampf von rechts: «Keine Steuermilliarden für Medienmillionäre» lautete ihr Slogan. Dabei hatten die bürgerlichen Parteien im Parlament alles dafür gegeben, dass die Konzerne von der Vorlage profitierten. So stellten sie sich gegen ein Dividendenverbot beim Bezug von Subventionen. Die Onlineförderung, die vor allem Neugründungen und Regionalmedien zugute gekommen wäre, bekämpften sie hingegen.
Die Mission der Referendumsführer war geschäftlich, vor allem aber ideologisch motiviert. Sie wollen eine rein privatwirtschaftliche Medienordnung. Weil die Finanzierungskrise die Verlagshäuser zum Sparen zwingt, ist der Einfluss rechter Mäzen:innen darin besonders hoch. Nach dem heutigen Nein dürfte der Druck noch weiter zunehmen. Bereits haben Vertreter:innen von FDP und SVP angekündigt, dass sie das Budget des öffentlichen Fernsehens und Radios auf die Hälfte reduzieren wollen. Man braucht bloss in die USA, nach Grossbritannien oder in die osteuropäischen Staaten zu blicken, um zu sehen, wie sehr solche Angriffe von rechts die demokratische Meinungsbildung schwächen.
So gesehen war die Ausgestaltung des Pakets kaum der alleinige Grund für seine Ablehnung. Den Befürworter:innen, vom Bundesrat bis zu den Parteien, ist es im Abstimmungskampf nicht gelungen, solche demokratiepolitischen Zusammenhänge aufzuzeigen. Das verdeutlichen auch die durchwachsenen Ergebnisse in den sonst aufgeschlossenen Städten. Hingegen tapezierte der Verlegerverband Plakate mit dem Sujet von Wilhelm Tell, die bloss jene ansprachen, die sowieso Nein sagten. Das kleine Komitee der unabhängigen Medien stellte immerhin die richtigen Fragen ins Zentrum. Wie tief das Niveau der Debatte insgesamt war, zeigte exemplarisch die «Club»-Sendung zum Thema, die im Geschrei unterging. Gleich zwei Diskussionsteilnehmer stammten von einer rechtspopulistischen Meinungsplattform, deren Finanzierung völlig intransparent ist.
Der Abstimmungskampf bestätigte so ungewollt seinen eigenen Anlass: wie dringend eine Medienförderung ist. Angesichts der realen Finanzierungsschwierigkeiten des Journalismus sollten die Befürworter:innen denn auch nicht aufgeben. Sondern die Gegner:innen an ihr zugkräftigstes Argument erinnern: dass Grosskonzerne nicht direkt subventioniert werden sollen. Für eine Förderung, die den kleinen Medien schnell etwas bringt, muss mindestens der beste Teil des Pakets gerettet werden, nämlich die Unterstützung der Basisinfrastruktur des Journalismus: die Nachrichtenagentur SDA, der Presserat und die Aus- und die Weiterbildung der Journalist:innen.
Gefordert ist dafür nicht nur SP-Medienministerin Simonetta Sommaruga: Vor allem sind es die Präsidenten von Mitte und GLP, Gerhard Pfister und Jürg Grossen. Entgegen ihren Parteiparolen sprachen sie sich gegen das Medienpaket aus. Das wollen wir natürlich nicht vergessen: Es waren die von den meisten Medien stets so viel gelobten, kompromissfähigen Mitteparteien, die eine Vorlage scheitern liessen, die sie selbst prägten und unterstützten. Und ein bitteres Dankeschön zum Schluss auch an Pietro Supino von der TX-Gruppe und an die SRG-Spitze: Mit ihren Dividendenbezügen und Lohnexzessen taten sie alles dafür, ein berechtigtes Anliegen in Misskredit zu bringen.