Auf allen Kanälen: Orbán-News

Nr. 47 –

Der TV-Sender Euronews entwickelt sich zu einem Sprachrohr der europäischen Rechten. Zeigt sich hier der Einfluss des Orbán-nahen Besitzers?

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stilisiertes Logo des Senders «Euro News»

Euronews war einst als paneuropäischer News-TV-Sender gegründet worden, der europäische Werte in die Welt tragen und über EU-Politik informieren sollte. Geklappt hat das nie so ganz. In den vergangenen Jahren machte der Sender Schlagzeilen mit Verlusten, der Entlassung Hunderter Mitarbeiter:innen und dem Ausscheiden fast aller nationalen öffentlich-rechtlichen Sender, die Euronews 1993 gemeinsam gegründet hatten. Seit einem Jahr nun ist der rechte deutsche Journalist Claus Strunz als neuer CEO am Zug. Geht es mit Euronews bergab?

Es scheint einzutreten, was befürchtet wurde: Euronews entwickelt sich zu einem Sprachrohr der europäischen Rechten. Davor hatten viele gewarnt, als Euronews neue Eigentümer mit Verbindungen zum ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán erhielt. 2022 kaufte der portugiesische Investor Pedro Vargas David über seine Holding Alpac Capital für 170 Millionen Euro eine Mehrheit an Euronews. Vargas Davids Vater, Mario David, war EU-Parlamentarier der Europäischen Volkspartei und Berater Orbáns, der ihm 2016 die staatliche Auszeichnung als «wahrer Freund Ungarns» verlieh. Alpac Capital betreibt ein Büro in Budapest und hat Investitionen von ungarischen Staatsbanken und Energiekonzernen erhalten.

Nach Ankündigung der Übernahme erklärte Orbán, er habe nicht vor, ein Medienimperium zu schaffen. Dabei gibt es schon eines: Der von Orbán-nahen Oligarchen gegründeten «Mitteleuropäischen Medien- und Pressestiftung» gehören seit 2018 fast alle nichtstaatlichen Medien Ungarns. Will Orbán seine russlandfreundlichen und EU-feindlichen Positionen über Euronews auch international verbreiten? Vargas David bestreitet eine Einflussnahme Orbáns.

Champagner für Trump

Seit der Übernahme hat sich einiges getan. 2023 verkündete der Sender, er verlege den Hauptsitz von Lyon nach Brüssel, man wolle eine bessere Berichterstattung über die EU ermöglichen. Vermutlich will der Sender mit einer stärkeren Integration in den Brüsseler Medienkosmos auch zuletzt stark gekürzte EU-Subventionen zurückgewinnen. Vor einem Jahr wurde der bisherige CEO Michael Peters überraschend gefeuert. Sein Ersatz: Claus Strunz. Diesen nannte die «Süddeutsche Zeitung» einst einen «Spalter», die «taz» «knallrechts». Strunz war lange im Verlag Axel Springer aktiv, erst bei der «Welt», zuletzt als Leiter von Bild TV. Die Belegschaft von Euronews protestierte gegen den neuen Chef, der sich in sozialen Medien oft migrationsfeindlich oder AfD-freundlich äussert. Gebracht hat es wenig. Das Portal «Übermedien» berichtete, Strunz habe in der Redaktion mit Champagner auf Donald Trumps Wiederwahl angestossen.

Dem Medienmagazin «DWDL.de» sagte Strunz, er wolle investieren, vor allem in Deutschland. «Ein so wichtiges Land» müsse bei Euronews stärker präsent sein. Und: «Ich bin überzeugt, dass wir eine Marktlücke entdeckt haben: Neutralität.» Eine eigentümliche Konzeption von Neutralität. Als Korrespondentin in Berlin stellte Strunz die Journalistin Zara Riffler ein. Man kennt sich: Riffler war Redaktorin bei «Bild» gewesen, bevor sie zum rechten Propagandaportal «Nius» wechselte. Sie schreibt auch fürs rechte Portal «Tichys Einblick». Für Euronews verfasst sie Artikel mit Überschriften wie «Merz-Regierung fliegt Afghanen aus Pakistan ein. Offenbar ist es für die Union nicht einfach, Wahlversprechen zu halten».

Weidel für Pressefreiheit

Die neue Schlagseite macht sich bemerkbar. Auf der Seite von Euronews findet man noch immer hauptsächlich Beiträge zu EU-Politik – doch den Verlautbarungen Orbáns widmet der Sender erstaunlich viel Raum. So wird Budapest etwa eine zentrale Rolle in der Aushandlung eines Waffenstillstands mit Wladimir Putin zugeschrieben. Für Irritationen sorgte auch, dass der offizielle Instagram-Account von Euronews einen Glückwunsch Orbáns an Trump teilte. Auch die AfD kommt häufiger und positiver vor als bei anderen Medien. Ein Artikel auf der Website berichtet: «AfD-Co-Vorsitzende Weidel fordert in Budapest freie Presse und Justiz».

2025 verkündete Euronews zwar zum ersten Mal seit zehn Jahren schwarze Zahlen – aber für 2024, also die Zeit vor Strunz. Ob der Umbau zur Plattform für die rechtspopulistischen Kräfte in Europa finanziell aufgeht, muss sich erst zeigen.