Millionenspende an die Grünen: Die Launen der Mäzen:innen

Nr. 27 –

Wie ein Honigkuchenpferd strahlte Balthasar Glättli, als er vor ein paar Tagen verkünden durfte, dass seine Grüne Partei ganz unverhofft zu einem kleinen Vermögen gekommen ist. Ein verspätetes Weihnachtsgeschenk sei die Spende einer Million Franken der Sika-Erbin Carmita Burkard Kroeber gewesen, frohlockte der Parteipräsident. Das Budget der Grünen für die nationalen Wahlen im Herbst habe sich damit verdoppelt.

Der Geldsegen sei Glättli gegönnt, im finanziellen Wettstreit mit den bürgerlichen Parteien liegen die Grünen damit vermutlich immer noch klar zurück. Beweisen lässt sich das nicht, weil die Parteien ihre Budgets nicht offenlegen müssen. Doch bei den Wahlen vor vier Jahren verfügte etwa die FDP gemäss eigenen Angaben über 3,5 Millionen Franken. Zwar existieren für die kommenden Wahlen erstmalig Transparenzvorschriften: Spenden über 15 000 Franken müssen die Parteien der Finanzkontrolle des Bundes melden. Doch veröffentlicht werden die Abrechnungen erst Monate nach den Wahlen.

Die grüne Million wirft eine wichtige Frage auf: Sollten Schweizer Parteien überhaupt von Mäzen:innen finanziert werden? Die Frage ist spät gestellt. Denn so läuft es seit Jahrzehnten. Was wäre die SVP ohne die Millionen der Familie Blocher oder des Autoimporteurs Walter Frey? Dass sich die Parteien damit in eine prekäre Abhängigkeit gegenüber den Gönner:innen begeben, ist augenscheinlich. Balthasar Glättli betont zwar, Burkard Kroeber habe keine Bedingungen an die Spende geknüpft – ausser einer: Das Geld müsse für die kommenden Wahlen eingesetzt werden. Doch was passiert, wenn ihr nicht gefällt, was die Grünen mit dem Geld machen, wenn sie trotz der Million bei den Wahlen Stimmen verlieren – wird sie dann in Zukunft nochmals spenden? Wird sie eine Kurskorrektur verlangen?

Die Millionenspende wirft ein Schlaglicht auf eine Problematik, die viele wichtige Bereiche der Gesellschaft betrifft. Nicht nur die Politik hängt am Tropf der Reichen und Superreichen, auch der Sport, die Kultur, die Bildung, der Naturschutz. Der Milliardär Hansjörg Wyss findet, der Universität Bern fehle eine Academy for Nature, also investiert er 200 Millionen Franken. Der Basler Geldadel meint, das staatliche Kunstmuseum könnte einen Anbau vertragen, also bezahlt er dafür. Die Bankerbin Monique Bär erfährt vom Niedergang des Kinderzirkus Robinson, greift zum Hörer und verhindert dessen Schliessung.

Das sind alles gut gemeinte Engagements. Doch so darf sich eine Gesellschaft nicht finanzieren. Nicht in der Politik, nicht in der Kultur, nicht in der Bildung. Alleine schon, weil sie sich nicht den Launen der Milliardär:innen ausliefern darf. In Basel etwa tragen die Steuerzahler:innen für den neuen Flügel des Kunstmuseums nicht nur die Betriebskosten, sondern auch die Kostenüberschreitungen beim Bau aufgrund enger Terminvorgaben der Spenderschaft. Und an anderer Stelle, im Naturschutz, haben 180 Projekte weltweit Existenzsorgen, weil der Roche-Erbe André Hoffmann andere Prioritäten setzt als sein verstorbener Vater, der WWF-Mitgründer Luc Hoffmann.

Das Hauptproblem ist die fehlende demokratische Legitimierung und Kontrolle dieser finanziellen Eingriffe in die Ausgestaltung des Gemeinwesens. Auflösen lässt sich der Missstand nur, wenn ein wesentlicher Teil der riesigen Vermögen, die mal zu den Grünen, mal zur SVP oder in ein Feuchtgebiet in der Camargue fliessen, eingezogen werden. Zumal es sich zumeist um leistungslos erlangten Wohlstand handelt: Bis zu 80 Prozent der Vermögen der 300 Reichsten in der Schweiz entstammen laut einer aktuellen Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften einer Erbschaft. Jedes Jahr werden in der Schweiz 90 Milliarden Franken vererbt, so aktuelle Berechnungen des Lausanner Ökonomen Marius Brülhart. Diese Summe ist doppelt so hoch wie alle jährlichen AHV-Ausschüttungen. Sie ist so unverschämt hoch, dass sich mit einer angemessenen Erbschaftssteuer viele Finanzierungslücken im Gemeinwesen, in die Mäzen:innen aller Couleur stossen, bequem stopfen liessen.