Ausschaffungen nach Afghanistan: Härte zeigen
Justizminister Beat Jans ist unter Druck: Die rechte Ratsmehrheit, gesegnet mit christlicher Nächstenliebe aus der Mitte, hat in der Herbstsession zahlreiche Asylpraxisverschärfungen beschlossen. Nun konnten Jans und sein Staatssekretariat für Migration (SEM) Handlungsbereitschaft demonstrieren: Erstmals seit 2019 wurden zwei Afghanen in ihr Herkunftsland zurückgeschafft. «Operation Kabul» titelte der «SonntagsBlick» auf Seite eins, als handle es sich um einen Spionagethriller.
Nach der Machtergreifung der islamistischen Taliban 2021 teilte das SEM mit, dass es auf Rückführungen nach Afghanistan verzichte. Daran halte man fest, betont Pressesprecher Daniel Bach auf Anfrage: «Es gibt keine Praxisänderung.» Denn von dieser Regelung seien verurteilte Personen, die zusätzlich zu ihrer Strafe einen Landesverweis erhalten hätten, stets ausgenommen worden. «Zudem sind wir vor der Rückführung zum Schluss gekommen, dass den Männern in Afghanistan keine Verfolgung droht.»
Deutliche Kritik kommt von Amnesty Schweiz. «Die Rückführung ist unverantwortlich. Es ist für uns nicht ersichtlich, wie die Sicherheit der beiden in Afghanistan garantiert sein soll», sagt Sprecher Beat Gerber. «Gewalt, Verschleppungen und Verschwindenlassen sind unter den Taliban an der Tagesordnung.» Von dieser allgemeinen Gewalt können auch die beiden Männer betroffen sein, unabhängig von einer individuellen Verfolgung. Die Schweiz, die bei den Ausschaffungen Deutschland nacheifere, sende mit dem Entscheid zudem aussenpolitisch ein falsches Signal: «Sie normalisiert das Talibanregime, indem sie mit ihm Vereinbarungen abschliesst», sagt Gerber. Die Schweiz würde besser ihren eigentlichen humanitären Aufgaben nachkommen: «Dazu gehört der internationale Einsatz dafür, dass die Verbrechen der Taliban dokumentiert, aufgearbeitet und verfolgt werden.»
Zwei Personen hat die Schweiz ausgeschafft; weniger als zwanzig weitere aus Afghanistan würden zurzeit die Voraussetzungen erfüllen, heisst es beim SEM. Ohne das einzelne Schicksal verharmlosen zu wollen, bedeutet das auch: Die Zahl potenzieller Rückführungen – für die bürgerlichen Parteien das neue Allerheilmittel in der Asylpolitik – ist offenkundig verschwindend klein.