Unia-Kongress: Weniger Macker

Nr. 44 –

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Das Bild ist vertraut: Im Tessin schwenkten am Wochenende 2500 Bauarbeiter:innen rote Fahnen der Unia und streikten für bessere Arbeitsbedingungen. Eine Machtdemonstration der Gewerkschaft und ein solidarischer Kampf der Bauleute. Wohin die Unia in Zukunft will, zeigt das Bild nicht. Zur selben Zeit, als in Bellinzona die Bauarbeiter:innen protestierten, traf sich die Unia in Brig zum Kongress. Zwanzig Jahre Unia gab es zu feiern. Und die nächsten zwanzig Jahre anzudenken. Die Unia will endlich die Dienstleistungsbranchen organisieren und dort mehr Gesamtarbeitsverträge abschliessen sowie eine «Mindestlohnoffensive» starten. Wichtige Ziele – nur hatte sie diese schon, als sie 2004 aus der Taufe gehoben wurde.

Es geht in die richtige Richtung, aber schleppend. Neue Mitglieder gewinnt die Unia fast nur noch in besonders prekären Dienstleistungssektoren, in der Langzeitpflege, im Gastgewerbe, in Wäschereien, in der Reinigung. Also dort, wo vorwiegend Frauen arbeiten und die Bedingungen so schwierig sind, dass eine starke Gewerkschaft unabdingbar ist. Doch der Aufholbedarf ist gewaltig: Der Frauenanteil bei den Mitgliedern steigt zwar, aber er liegt immer noch bei deutlich unter einem Drittel.

Immerhin wurden in Brig Zeichen gesetzt. In allen Leitungsorganen der Gewerkschaft gibt es nun eine Frauenmehrheit. Die Macker werden seltener. Und für den 22. November wurde eine grosse Pflegedemo in Bern ausgerufen. In Zukunft muss die Unia den Arbeitskampf in der Pflege aber von einzelnen Aufwallungen lösen und wie auf dem Bau verstetigen.

Die Arbeiter:innen in der Schweiz brauchen eine starke Unia, doch diese braucht die richtigen Rahmenbedingungen. Auch darum ging es am Kongress, wo sich die Delegierten hinter die neuen bilateralen Abkommen stellten – aber nur, wenn das Parlament das begleitende Lohnschutzpaket nicht aufschnürt. Bürgerliche wollen vor allem den vorgesehenen Kündigungsschutz für Personalvertreter:innen herausnehmen, bislang eine schändliche Lücke im Arbeitsrecht. Es ist ein zentraler Punkt für den gewerkschaftlichen Zugang zu prekären Branchen. Etwas, worauf die Unia mit Blick auf 2045 nicht verzichten kann.