Sachbuch: Ananasasyl und Sirenenmusik

Nr. 51 –

Buchcover von «10 Jahre Kunst + Politik. Dictionnaire des méthodes»
Beat Mazenauer und Felix Schneider: «10 Jahre Kunst + Politik. Dictionnaire des méthodes». Mit einem Video von Peter Volkart. Verlag der gesunde Menschenversand. Zürich 2024. 136 Seiten.

In einem handlichen Taschenbuch versammelt, wirkt es dann doch beachtlich. Zu Zeiten blieb die Wirkung der Aktionen überschaubar, wie es selbst einmal heisst. Aber die Initiative «Kunst + Politik» hat während ihres zehnjährigen Bestehens einiges geleistet, zuweilen traditionell engagiert, zuweilen originell und überraschend.

Dabei ist «Kunst + Politik» eine immerwährende Zwangslage, vom Abseitsstehen bis zur Instrumentalisierung. «Kunst + Politik» suchte den gangbaren Mittelweg, die «Kunst- und Kulturszene politisch zu mobilisieren und ihre Stimme in konkreten Diskussionen und Abstimmungen mit künstlerischen Aktionen einzubringen». 2009 gegründet, nach der Annahme der Minarett-Initiative, die wohl einen Tiefpunkt der schweizerischen plebiszitären Demokratie darstellt, musste «Kunst + Politik» ein Jahrzehnt lang gegen politisch geschürte Fremdenfeindlichkeit, gegen eine restriktive und repressive Migrationspolitik ankämpfen. (Selbst)kritisch wird angemerkt, dabei habe gelegentlich die Gefahr bestanden, sich allzu sehr auf die SVP zu fokussieren.

Diese Publikation hat zwei Aufgaben: Sie ist in gewisser Weise ein Rechenschaftsbericht. Dokumentiert wird, wie «Kunst + Politik» Aktionen anstiess und die Kulturszene zusammenbrachte sowie mit der Politik vernetzte. Als Vernetzer:innen treten in erster Linie Guy Krneta, häufiger auch Ruth Schweikert, Daniel de Roulet und Mathias Knauer auf. Vor allem aber kann das Büchlein als ein Alphabet von Anleitungen dienen, ein Arsenal von Aktionsformen. Die reichten von traditionellen Manifesten und offenen Briefen bis zu Umdeutungen und Satirisierungen. Aber es gab auch schrägere Formen, etwa das Ananasasyl, als Südfrüchte mit dem Aufkleber «Asyl gewährt» versehen wurden, oder die Sirenenmusik von 2016, als mit klanglichen Mitteln der humanitäre Notstand verkündet wurde. Die Wirkung ist naturgemäss schwer abzuschätzen und sollte doch nicht unterschätzt werden. Kunst in der Politik bleibt eine immerwährende Aufgabe.