Durch den Monat mit Florian Vock (Teil 3): Ständerat, wär das was für Sie?

Nr. 29 –

Die Partei von Florian Vock, die SP Aargau, konnte zuletzt beachtliche Wahlerfolge feiern. Der 28-jährige Kantonsrat ist überzeugt, dass die SP den vor vier Jahren verlorenen dritten Nationalratssitz zurückgewinnen kann. Welche Rolle er selbst im Wahlkampf spielen wird, ist – noch – offen.

Florian Vock: «Diesen Sitz zu halten, wird eine echte Herausforderung.»

WOZ: Florian Vock, Sie sitzen zurzeit für die SP im Aargauer Kantonsparlament. Nächstes Jahr finden nationale Wahlen statt. Sehen wir Sie bald im Bundeshaus?
Florian Vock: Das liegt letztlich nicht an mir. Ich möchte jedenfalls kandidieren. Und ich werde mich engagieren, damit die SP den dritten Nationalratssitz zurückerobert, den sie bei den letzten Wahlen verloren hat.

Wollen Sie diesen Sitz selbst zurückerobern?
Wer ihn holt, ist für mich zweitrangig.

Jetzt klingen Sie wie ein braver Fussballprofi, der sagt, er habe das Tor für die Mannschaft geschossen. Nur das Team zähle …
In dieser Hinsicht halte ich es mit Ruth Dreifuss, wenn ich mich in diese viel zu grossen Fussstapfen stellen darf: Ein politisches Mandat ist ein wichtiges Mittel, um politische Ziele umzusetzen, aber längst nicht das einzige. Der Parlamentarismus ist nur eines von vielen Feldern der politischen Arbeit. Lieber gebe ich, auf die Gefahr hin, abgewählt zu werden, vollen Einsatz für diese Ziele, als mich taktisch zurückzuhalten und den Fokus auf die Wiederwahl zu legen.

Die Aargauer SP-Ständerätin Pascale Bruderer wird nächstes Jahr nicht mehr zur Wahl antreten. Sie könnten ja auch als Ständerat kandidieren?
Wir diskutieren parteiintern die verschiedenen Möglichkeiten. Diesen Sitz zu halten, wird eine echte Herausforderung. In der Poleposition stehen natürlich die beiden nationalen Aushängeschilder Yvonne Feri und Cédric Wermuth, die derzeit im Nationalrat sitzen.

Das ist zumindest kein kategorisches Nein. Jedenfalls ist das jetzt die Chance, Ihre Ständeratskandidatur öffentlich zu lancieren. Yvonne Feri vom rechten Parteiflügel hat in der «Aargauer Zeitung» längst vorgelegt.
Ich für meinen Teil halte mich an parteiinterne Verfahren. Das erwarte ich von allen, die für die SP kandidieren wollen. Es ist wichtig, dass jemand antritt, der oder die den Inhalt und den Stil der Partei glaubwürdig vertritt und von der Basis getragen wird. Als Präsident des Aargauischen Gewerkschaftsbunds habe ich klare inhaltliche Erwartungen an eine Kandidatur.

Die da wären?
Sich gegen die Verschlechterung bei den Arbeitszeiten einzusetzen, für einen Mindestlohn zu kämpfen – und keine faulen Kompromisse einzugehen, wie das zurzeit beim Unternehmenssteuerreform-AHV-Deal im Ständerat der Fall ist.

Grundsätzlich scheint die SP Aargau auf einem guten Weg zu sein. Die Partei feierte jüngst bemerkenswerte Wahlsiege auf kantonaler und kommunaler Ebene. Wo liegen die Gründe für diese Erfolge?
Ein wichtiger Grund ist, dass wir unsere Parteiarbeit nicht nur an den Wahlen orientieren – aus dem Bewusstsein heraus, dass die SP mehr sein muss als eine institutionelle Partei. Sie ist auch ein sozialer Raum mit Veranstaltungen, Bildungsreihen, Festen. Das ist nur mit sehr viel Fleissarbeit möglich. Gerade im Kanton Aargau.

Wie meinen Sie das?
Der Aargau ist ziemlich gross, es leben 670 000 Menschen hier, und die geografische Lage ist komplex. Es gibt die urban geprägte Linie Baden–Brugg–Aarau und ländliche Gebiete wie das Wynental oder das Fricktal. Was es hingegen nicht gibt, ist ein Zentrum, an dem sich der Kanton orientiert. Es ist nicht immer einfach, vor diesem Hintergrund eine Klammer für eine gemeinsame Politik zu finden.

Die SP scheint diese Klammer aber gefunden zu haben.
Ein wichtiger Punkt ist sicher der Widerstand gegen die Abbaupolitik, die unsere stark bürgerlich geprägte Regierung sowie das noch rechtere Kantonsparlament in den letzten Jahren vollzogen haben. Wir thematisieren das über konkrete Beispiele: Was bedeutet eine solche Politik für die Qualität der Bildung? Warum gibt es weniger Krankenkassenprämienverbilligung? Diese Themen bringen wir auch auf die Strasse. Die zweite Klammer ist das Engagement gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus. Es gibt im Aargau kaum eine lokale Flüchtlingshilfe ohne Beteiligung von SP-Leuten. Das heisst, wir sind sichtbar. Die Leute wissen, wofür wir einstehen.

Trotz dieser jüngsten Erfolge bleibt der Aargau ein sehr konservativ geprägter Kanton.
Schlimmer noch: Bei vielen konservativen PolitikerInnen kommt das Kleinbürgerliche hinzu. Diese Kombination aus Mutlosigkeit, Kurzsicht und der Weigerung, sich auf andere Menschen einzulassen, macht mich wütend. Dabei besteht praktisch kein Unterschied zwischen den grossen Parteien rechts von uns. CVP, FDP und SVP sind inzwischen fast deckungsgleich. Dabei war der Aargauer Freisinn eine absolut prägende Kraft, als 1848 unser moderner Bundesstaat mit seiner liberalen Ausrichtung entstanden ist. Inzwischen ist alles tot, was in der FDP Aargau noch liberal war. Wer sich als liberal in einem emanzipatorischen Sinn begreift, kann im Aargau nur noch SP wählen.

Florian Vock (28) weiss aus eigener Erfahrung, was es heisst, abgewählt zu werden. Nachdem er 2015 in den Kantonsrat nachgerutscht war, wurde er vor zwei Jahren abgewählt – und ist im letzten Herbst wieder nachgerückt.