Kommentar zur Juso-Transparenzinitiative: Die Sterne stehen gut für die Transparenz

Nr. 7 –

Nach Schwyz und Freiburg hat auch der bürgerlich dominierte Kanton Schaffhausen eine Juso-Transparenzinitiative angenommen.

Als der Schaffhauser Juso-Kantonsrat Stefan Lacher am Sonntag kurz nach der Bekanntgabe des Resultats über die Transparenzinitiative vor die Kamera gezerrt wurde, konnte er seine Verwunderung kaum verbergen.

Mit ihrer Initiative wollten die JungsozialistInnen, dass Parteien und Komitees künftig bekannt geben müssen, wer sie finanziell unterstützt. Sie forderten eine Veröffentlichung der Globalbudgets für Wahl- und Abstimmungskämpfe sowie eine Offenlegung der Interessenbindungen aller Kandidierenden für Ämter im Kanton und in den Gemeinden. Doch Illusionen hatten sich die Jusos keine gemacht. Regierung und Kantonsrat hatten die Initiative abgelehnt, die Rechtsbürgerlichen, die im Kanton den Ton angeben, sowieso. 40 Prozent Ja-Stimmen, so die interne Losung der Jusos, wären würdig, 45 Prozent grossartig. Und so kamen nur zwei Jusos ins Regierungsgebäude, wo die Resultate bekannt gegeben wurden.

Schliesslich waren es 53,8 Prozent. Und als Lacher gefragt wurde, warum die Sensation gelungen sei, redete der junge Kantonsrat etwas verdattert, aber doch klar vom «ausgeprägten Gespür» der SchaffhauserInnen für die Demokratie. Diese seien «sehr sensibel», wenn die Integrität der politischen AkteurInnen infrage gestellt würde. Die Initiative habe der Bevölkerung das Gefühl gegeben, dass da ein Missstand herrsche.

Schaut man über die Kantonsgrenze hinaus, schrumpft die Verwunderung über den Coup. Die SchaffhauserInnen haben zwar gerade das rigideste Transparenzkorsett der Schweiz geschnürt, doch das Tessin, Neuenburg und Genf kennen bereits gesetzliche Regeln zur Transparenz von Wahl- und Abstimmungskämpfen. Und in Freiburg und Schwyz wurden entsprechende Juso-Initiativen 2018 angenommen – auch dort gegen den Widerstand einer breiten rechtsbürgerlichen Front.

Was Stefan Lacher über die SchaffhauserInnen sagt, gilt offenbar für die ganze Schweiz: Viele Menschen möchten wissen, wer die Mächtigen sind, die die Politik kaufen wollen. Sie wollen wissen, mit welchen Firmen und Organisationen die Amtsträger und Politikerinnen verbandelt sind. Sie fordern endlich Licht im Dunkel.

Im Vorfeld der Abstimmung sagte der FDP-Kantonsrat Marcel Montanari, er habe «keine Lust», Spenderlisten und Budgets offenzulegen. Zu viel Bürokratie: Es ist das einzige Argument, das die Rechten in all diesen Transparenzdebatten ins Feld führen können. Der Fall Schaffhausen zeigt: Das rechtsbürgerliche Gegenargument ist zu schwach.

Die BefürworterInnen von mehr Transparenz sind nämlich nicht nur «sensibel» für die Demokratie, das Problem der Intransparenz in der hiesigen Politikfinanzierung ist längst handfest. Die Schweiz steht deswegen auch international unter Druck. Weil sie Empfehlungen der Staatengruppe gegen Korruption des Europarats nicht umgesetzt hat, erhielt sie 2018 wiederholt die Note «ungenügend».

In Schaffhausen muss der Regierungsrat nun eine Gesetzesvorlage ausarbeiten, die im Detail regelt, wie die Parteien ihre Transparenz gewährleisten müssen. Danach berät der Kantonsrat darüber und beschliesst ein Transparenzgesetz. Ganz vorbei dürfte der Kampf aber nicht sein: Im Kanton Schwyz wurde das Transparenzgesetz vom rechtsbürgerlichen Kantonsrat derart verwässert, dass die Jusos bis vor Bundesgericht gingen. Eine solche Verwässerung ist auch dem Schaffhauser Parlament zuzutrauen. Dass die Rechtsparteien damit die Gunst der WählerInnen zurückgewinnen, ist jedoch zu bezweifeln. Die Sterne stehen gut für die nationale Transparenzinitiative, über die voraussichtlich im Frühjahr 2021 abgestimmt wird.

Der Schaffhauser Stefan Lacher sagte am Sonntag im Fernsehinterview, es gebe keine Feier, man habe höchstens mit einem Trostbier gerechnet. Gut möglich, dass die Jusos diese in einem Jahr nachholen können – in der ganzen Schweiz.