Durch den Monat mit Maya Itin (Teil 3): Wie hoch ist Ihr Lohn?

Nr. 46 –

WOZ: Sie wurden mit 24 Jahren Genossenschafterin der Buchhandlung Rapunzel. Das ist jung für eine Stellung mit so viel Verantwortung. Haben Sie das gesucht?
Maya Itin: Ich habe mich einfach dort beworben, und kurz darauf wurde tatsächlich eine Stelle frei. Ich ging einen Tag schnuppern, und am Abend sagte Johanna Gubler, sie würde mich sofort einstellen. Ich habe es mir dann noch ein wenig überlegt, aber eigentlich war der Fall auch für mich klar.

Und von Anfang an stand auch fest, dass Sie Genossenschafterin werden?
Eine kurze Zeit lang war ich einfach eine Angestellte, aber als ich merkte, dass die Atmosphäre, die Art der Arbeit und das Zusammenarbeiten mit meinen Kolleginnen stimmte, bin ich bald in die Genossenschaft eingetreten. Johanna Gubler war auf der Suche nach jemandem, die bereit war, Verantwortung zu übernehmen, auch was die Zukunft des Ladens betraf. Wir sind sechs Genossenschafterinnen, davon arbeiten drei fest im Laden.

Das heisst, Sie sind die Frau, welche die Buchhandlung in die Zukunft führen wird?
Oje. Das tönt jetzt schon ein wenig krass für mich. Aber eigentlich kann man das schon so formulieren. Aber ich werde das ja nicht alleine machen, dem Genossenschaftsprinzip werden wir treu bleiben. Es hat sich einfach bewährt, dass eine Teamfrau, vor allem gegen aussen, die Leitung übernimmt. Intern ist es ideal, wenn wir wichtige Entscheidungen gemeinsam treffen.

Sie sind noch keine dreissig, und Ihr berufliches Leben scheint auf Jahrzehnte hinaus verplant. Fühlen Sie sich dadurch nicht eingeengt?
Nein, die Arbeit im Laden macht mir so viel Spass, dass mich die Vorstellung, mich hier noch weitere Jahre zu engagieren, nicht beängstigt. Vielmehr empfinde ich es als Herausforderung, gemeinsam mit den anderen Genossenschafterinnen die Zukunft des Rapunzel zu gestalten.

Den linksalternativen Groove spürt man schon bei euch. Marketing scheint des Teufels zu sein. Ihr habt ja nicht mal eine Homepage!
Da sind wir jetzt im Moment gerade dran, unsere Internetseite wird am 10. Dezember aufgeschaltet. Daneben machen wir gezielte Kundenwerbung und Inserate in diversen Publikationen.

Verdient ihr in der Genossenschaft alle gleich viel?
Ja, dieses genossenschaftliche Prinzip haben wir noch.

Und wie viel?
Bei einer Vollanstellung würde ich 4200 Franken verdienen. Das ist trotz nicht garantierten 13. Monatslohns für eine Buchhändlerin in meinem Alter kein schlechter Lohn.

Tatsächlich? Immerhin müsst ihr euch in der Freizeit permanent weiterbilden. Finden Sie die Entlöhnung im Buchhandel gerecht?
Wichtiger als der Lohn ist mir, dass ich etwas machen kann, was mir Spass macht und wo ich es gut habe. Ich kann mit diesem Lohn gut leben. In der Buchhandelsschule sagte unser Lehrer, von einem BuchhändlerInnenlohn könne man halt keine Familie ernähren. Das hat mich damals schockiert. Aber eine Familie gründen ist im Moment nicht so ein Thema für mich.

Weshalb nicht?
Weil im Moment andere Dinge für mich wichtiger sind und ich die Frau, mit der ich mir vorstellen kann, eine Familie zu haben, noch nicht gefunden habe.

Zurück zur Lohnfrage: Das erstaunt mich schon ein wenig, dass Sie den einfach so hinnehmen. Ich war der Meinung, das Rapunzel sei politisiert. Der Lohn ist wohl nicht zuletzt deshalb so tief, weil im Verkauf generell viele Frauen arbeiten. Wo bleibt denn da Ihr feministisches Kämpferherz?
Da gibt es nichts zu kämpfen. Je nach Geschäftsgang können wir uns den Lohn jeweils etwas erhöhen beziehungsweise uns einen 13. Monatslohn bezahlen. Wichtig ist uns, dass die Buchhandlung weiterbestehen kann. Mein Kämpferinnenherz engagiert sich zum Beispiel bei der Comedia, unserer Gewerkschaft, und bei Überzeugungsarbeit im Familien- und Freundeskreis zu Themen wie Ladenöffnungszeiten und garantierten Mindestlöhnen.

Maya Itin (27) ist Genossenschafterin 
des Buchladens Rapunzel in Liestal.
 www.rapunzel-liestal.ch