Kommentar: In irren FallenIm Baugewerbe wird die Zeit für eine Einigung knapp.

Nr. 10 –

Anfang Woche begannen sie wieder zu protestieren, die Gewerkschaften Unia und Syna mit den BauarbeiterInnen. Noch ist es kein Streik - noch wird das «verlängerte Mittagspause» genannt, und deswegen gibt es Poulet und Kartoffelsalat.

Der Grund ist immer noch derselbe wie im letzten Jahr, als der Baumeisterverband auf Ende Oktober einseitig den Landesmantelvertrag (LMV) kündigte, weil er sich mehr Flexibilisierung wünschte. Die Gewerkschaften hatten mit einem Streikaufruf reagiert.

«Unnötig» und «übertrieben» seien die Aktionen, kommentierten im Herbst die Zeitungen, für die Unia sei einfach wieder mal die Zeit für Streiks reif gewesen. Einen Monat später tönte es bereits milder: Die Baumeister hätten «mutwillig provoziert».

Es würde noch dicker kommen. Bundesrätin Doris Leuthard hatte die Parteien gedrängt, sich mit einem externen Mediator an den runden Tisch zu setzen. Ende Dezember kam es tatsächlich zu einer Einigung, aber die Freude dauerte nur kurz: Einen Monat später lehnte die Basis des Baumeisterverbands den neuen Vertrag ab. Und zwar auf Antrag ihres Präsidenten, des Thurgauer FDP-Nationalrats Werner Messmer, der die Mediation gefordert und den Vertrag selbst ausgehandelt hatte. Ein unerklärlicher Schachzug - und Messmer stellte sich damit die erste Falle.

Denn so schlecht war der ausgehandelte LMV nicht, dass er unbedingt abgelehnt werden musste: Die Tessiner Baumeister jedenfalls haben ihn Ende Februar unterschrieben, die Westschweizer werden wohl in absehbarer Zeit folgen, genauso wie die grossen Deutschschweizer Baufirmen.

Werner Messmer tat währenddessen den nächsten verblendeten Schritt - Hansueli Scheidegger, der Unia-Verhandlungsleiter, solle zurücktreten, dann täte er dasselbe. Eine unmögliche Forderung, die den Gepflogenheiten des Verhandelns komplett widerspricht.

Die Gewerkschaften gingen nicht darauf ein - und Messmer hat sich damit eine weitere Falle gestellt, aus der er alleine nicht mehr rauskommt. Die Unia kann jetzt ihre Kampfbereitschaft nicht aufgeben, ihre Mitglieder würden das nicht goutieren. Und in der Bevölkerung nimmt die Unterstützung stetig zu.

Die Zeit für eine Einigung wird knapp. In den kommenden Monaten wird nämlich über die erweiterte Personenfreizügigkeit verhandelt, und die Gewerkschaften haben immer betont, dass sie diese ohne funktionierende Gesamtarbeitsverträge nicht unterstützen werden. Das wiederum könnte weitere AkteurInnen auf den Plan rufen, denn die Schweizer Industrie, besonders die Exportwirtschaft, wird es ohne die Gewerkschaften kaum schaffen, das von Christoph Blocher bereits angekündigte Referendum zu bodigen.

Werner Messmer berserkert also weiter. Nur: Tut er das wirklich? Es keimt langsam ein irrer Verdacht: Was, wenn Messmer selbst der Fallensteller wäre? Was, wenn da unerwartetes Kalkül dahintersteckte? Was, wenn Messmer sich gar nicht selbst in die Sackgasse manövriert, sondern die Gewerkschaften da hineingelockt hat? Sollen die Unia und ihre BauarbeiterInnen ihre Kräfte ruhig im Kampf um den LMV verschleissen. So wären sie später, beim Verhandeln der flankierenden Massnahmen, ausgelaugt. Auf die nimmt Messmer, der in der ersten Freizügigkeitsrunde im Parlament noch dafür geworben hatte, auf seinem harten Kurs mittlerweile keine Rücksicht mehr.