«Was zu tun ist»: Grün in Krieg und Frieden

Nr. 12 –

Eine grüne Weltrevolution sei unabdingbar, schreibt der US-amerikanische Publizist Thomas L. Friedman, einer der einflussreichsten KolumnistInnen der Tageszeitung «New York Times». Es gehe nicht um ein bisschen mehr Schutz von Natur, es gehe um einen Systemwechsel. Friedmans Spezialität: Er sieht in all dem letztlich eine patriotische Tat.

Das begründet er in seinem Buch, in dem er verständlich, abwechslungsreich und ausgestattet mit einer Fülle an Wissen und Anekdoten folgende Themen und Thesen kundig und ausführlich abhandelt: Weil weltweit die Temperaturen steigen, die Mittelschichten und ihr Konsum zunehmen und die Bevölkerung wächst, gerät unser Planet in eine gefährlich instabile Lage. Der Ölverbrauch in den USA ist unverantwortlich hoch. Die erneuerbaren Energien sind gut, die fossilen schlecht. Die Arten sterben. Der Mensch verschwendet Energie und frisst die Natur auf. Die Welt braucht eine starke ökologische Ethik. Und es gibt viele gute Menschen, die schon an der neuen grünen Welt arbeiten.

Im Prinzip aktualisiert Friedman den Bericht des Club of Rome über «Die Grenzen des Wachstums», der 1972 erschienen war, und tut so, als sei er es, der erstmals den Horizont ins grüne Paradies aufstösst.

Hoffen auf die USA

Natürlich bietet Thomas L. Friedman auch jenen Neues, die seit dreissig Jahren die Debatten und das Tun in Europa verfolgen. Indem er an das erinnert, was der sonst so geschmähte Expräsident der USA, Richard Nixon, für den Schutz von Umwelt und Natur getan hat. Indem er das würdigt, was bei uns zu wenig gewürdigt wird: So habe es Kalifornien trotz eines sehr kräftigen Wirtschaftswachstums geschafft, den Stromverbrauch pro Kopf seit dreissig Jahren konstant zu halten.

Lesenswert sind seine Spezialitäten – so sein Hang zum Patriotismus, sein Chauvinismus: Nur die USA können sich und die Welt retten, indem sie jetzt die «Warnstufe Grün» ausgeben – so wie es in den fünfziger Jahren in den USA die Warnstufe Rot gegeben habe, also die Bedrohung durch den Kommunismus und die erfolgreiche Gegenwehr. Die USA zum grünsten Land der Welt zu machen, das sei «eine Kernfrage nationaler Sicherheit und wirtschaftlicher Interessen». Insofern sei «Grün eine neue Art der Erzeugung nationaler Kraft». Die USA richtet es, oder es richtets niemand.

Al-Kaida ausbooten

Seine zweite Spezialität, weniger merkwürdig: Intensiv und sehr, sehr ausführlich beschäftigt er sich mit dem Zusammenhang zwischen der Energie- und der Aussenpolitik, konkret mit der Entwicklung von Diktatur, Demokratie und Energiepolitik. Seine Grundthese: Mit dem ungebremsten Ölverbrauch haben die USA die vielen Petrodiktaturen gefördert und der Demokratie in der Welt ebenso geschadet wie der Sicherheit der USA, da auf diese Weise vor allem die intolerantesten Strömungen des Islam gefördert wurden. Dass dezentrale erneuerbare Energien per se mehr Sicherheit, weniger Diktatur und mehr Optionen auf demokratische Verhältnisse mit sich bringen, das ist ein Aspekt der Energiepolitik, der in Europa höher gewichtet werden sollte.

Ein Kapitel schmückt das Buch besonders: Unter der Überschrift «Al-Kaida auf grünem Wege ausbooten» stellt er dar, wie sich die US-Armee im Irak bemüht, mit Hilfe erneuerbarer Energien ihren Krieg für die eigenen Truppen sicherer (etwa durch die Verringerung von gefährlichen Treibstofftransporten) und billiger zu machen. Im Frieden wie im Krieg – grün bringts!

Thomas L. Friedman: Was zu tun ist – eine Agenda für das 21. Jahrhundert. Aus dem Englischen von Michael Bischof. Suhrkamp. Frankfurt 2009. 539 Seiten. Fr. 44.80