Marc Furrer: «Richtiges Bier gehört dazu»
Der Verwaltungsrat des Eishockeyverbands will strengere Kontrollen.
WOZ: Noch im November verkündete die Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) eine Reihe umstrittener Massnahmen gegen Gewalt im Sport. Darunter ein allgemeines Stehplatzverbot, ein Alkoholverbot in Stadien und eine obligatorische gemeinsame Anreise von Gästefans. Diese drei Punkte sind nun vom Tisch (vgl. unten «Der runde Tisch»). Ist die KKJPD gescheitert?
Marc Furrer: Ich glaube nicht, dass man von Scheitern sprechen muss, vielmehr hat sich die Vernunft durchgesetzt. Es sollten nur Massnahmen ergriffen werden, die wirklich etwas bringen und nicht den ganzen Sport kaputt machen. Insofern ist es zu begrüssen, dass gewisse Massnahmen fallen gelassen wurden. Überhaupt wird die Sicherheitsdiskussion viel zu allgemein geführt. Klar kann eine Liga koordinieren und gewisse Vorschriften erlassen, Sicherheitsfragen müssen Sie aber immer punktuell lösen.
Ein Kompromiss sieht vor, dass in Fussball- und Eishockeystadien künftig nur noch alkoholreduziertes Bier ausgeschenkt werden soll ...
Es gehört zu einem Eishockeyspiel, dass man eine Bratwurst und ein richtiges Bier konsumiert. Dass man jetzt alle Leute bestraft, nur weil draussen ein paar Leute randalieren, das verstehe ich ehrlich gesagt nicht. Zudem bieten viele Brauereien gar kein Leichtbier an. An Heimspielen der Langnau Tigers wird etwa Bier von Egger ausgeschenkt – die brauen kein Leichtbier. Die Rapperswil-Jona-Lakers haben einen Vertrag mit Heineken – auch unter dieser Marke gibt es kein Leichtbier. Im Eishockey gibt es zudem innerhalb der Stadien selten Probleme. Auch das spricht gegen Restriktionen beim Alkoholkonsum.
Ein Thema bleibt die sogenannte Fancard. Werden sich die Fans künftig registrieren lassen müssen?
Nein. Es wird auch künftig Leute geben, die nur ab und zu einen Match besuchen. Denen können wir den Zutritt doch nicht verwehren, nur weil sie keine Fankarte besitzen. Was wir planen, ist eher eine Mitgliedskarte, mit der man Fanartikel billiger einkaufen oder im Restaurant günstiger essen kann. Mit Sicherheit hat die Karte direkt aber kaum etwas zu tun.
Wer keine Karte hat, soll sich stattdessen am Eingang ausweisen müssen.
Da sind wir ganz klar dafür, geht es doch um die Einhaltung der Stadionverbote. Die Kontrollen müssen noch strenger werden. Auch Betrunkene sollen nicht eingelassen werden. Das sind Massnahmen, die etwas bringen.
Der Runde Tisch wünscht sich Leibesvisitationen. Sportminister Ueli Maurer und Peter Gilliéron, der Präsident des Fussballverbandes, schliessen nicht aus, dass sich Fans künftig am Stadioneingang werden ausziehen müssen. Indem sie ein Ticket kaufen, würden sie dazu die Einwiligung geben.
Dass sich jemand nackt ausziehen müsste, das kann ich mir nicht vorstellen. So etwas wollen wir nicht. Diese Pläne beziehen sich wohl eher auf den Fussball, im Eishockey werden viel weniger Pyros gezündet als im Fussball.
Die Eishockeyliga investiert kein Geld in die Fanarbeit. Und auch die Clubs sind nicht spendierfreudig. Nur gerade der SC Bern verfügt über bezahlte FanarbeiterInnen ...
Wir überprüfen das gerade. Wir haben eine Studie in Auftrag gegeben, die uns einen Überblick zur Fanarbeit Schweiz geben soll und die im Februar vorliegen wird. Uns interessiert nicht nur, wo Fanarbeit betrieben wird, sondern auch, wie sie gemacht wird und wie wirksam sie ist. Dann werden wir entscheiden, was wir künftig machen und ob wir als Liga Gelder sprechen. Wir stellen gerade bei Sicherheitsleuten fest, dass manchmal die Freiwilligen gerade so gute Arbeit leisten wie die Professionellen. Es kann auch gute Fanarbeit geben, ohne dass Sie viel Geld dafür ausgeben.
Was versprechen Sie sich von Fanarbeit?
Es ist wichtig, dass die Clubs einen guten Kontakt zu den Fans haben. Wenn eine Fangruppe ausrastet, braucht es einen Fandelegierten, der hingehen und sagen kann: ‹Wenn ihr weiter Radau macht, schadet ihr dem Club, und ihr kriegt Schwierigkeiten.› In der Regel klappt das schon heute sehr gut. Das Ziel der Fanarbeit ist, dass man die Fans unter Kontrolle hat.
Marc Furrer (58) ist Präsident des Aufsichtsrats der Eishockey-Nationalliga und Verwaltungsrat des Eishockeyverbandesund Präsident der eidgenössischen Kommunikationskommission ComCom.
Der runde Tisch
Letzte Woche fand in Bern der siebte «Runde Tisch gegen Gewalt im und um den Sport» statt. Eingeladen hatte Bundesrat Ueli Maurer, gekommen waren VertreterInnen der kantonalen PolizeidirektorInnen und -kommandantInnen, Delegierte der Städte, Beamte aus den Bundesämtern für Sport und Polizei, Vertreter von Swiss Olympic und der Fussball- und Eishockeyverbände. Auch die Fanarbeit Schweiz durfte sich «konstruktiv-kritisch» einbringen. Der Runde Tisch kann formell keine Entscheidungen fällen. Seine Beschlüsse sollen durch die TeilnehmerInnen umgesetzt werden.