­Fumoir: Whistleblowing-Services?

Nr. 2 –

Ruedi Widmer plagt die Banken.

(Diese Telefongespräche sind aus Datenschutzgründen aus der Erinnerung aufgeschrieben.)

Credit Suisse, mein Name ist Weber.

Mein Name ist Widmer. Ich habe eine Anfrage. Es geht um Informationen über Kontoaktivitäten von ein paar Bekannten, ich würde Ihnen die Liste der Namen faxen. Bieten Sie das überhaupt an, also Whistleblowing?

Wir dürfen keine Informationen herausgeben. Wir unterliegen dem Datenschutzgesetz. 

Meine Kollegen im Büro wollen nicht über ihren Lohn reden. Dabei würde es jeden interessieren, was der andere verdient. Das wäre für die Banken doch ein Bombengeschäft.

Es möchten nicht alle ihre finanziellen Verhältnisse preisgeben.

Ich habe gelesen, die Bank Sarasin biete Whistleblowing-Services an.

Dieser aktuelle Fall ist ein Sonderfall und wird rechtliche Konsequenzen haben.

Aber die Auflösung des Bankgeheimnisses ist im vollen Gange. Da müsste Credit Suisse doch mitziehen. Ich arbeitete lange im Werbebereich und weiss: Man muss mitziehen.

(harsch) Wissen Sie, was das bedeuten würde?

Ja, ich könnte mich jederzeit über den Kontostand meiner Bürokollegen informieren. 

Das Bankgeheimnis ist weiterhin garantiert. Auch zu Ihrem Schutz.

Dann suche ich mir eine Fullservice-Bank.

Herr Widmer, alle Schweizer Banken unterliegen dem Datenschutzgesetz.

Ich seh mich um. Auf Wiederhören.

Whistleblowing, der Trend der Saison, wird bei der Credit Suisse total verschlafen. Die Schweiz gerät international in Rückstand. Rufen wir mal in die obersten Stockwerke des Prime Towers in Zürich an – bei der Deutschen Bank.

Weibliche Stimme (hochdeutsch sprechend): Deutsche Bank, mein Name ist Müller.

Widmer hier. Ich will mal anfragen, ob die Deutsche Bank dem schweizerischen oder dem deutschen Datenschutzgesetz unterworfen ist.

Das ist eine sehr gute Frage (lacht). Moment bitte.

(Mehrere Minuten Sphärenmusik, die wohl nur auf hundert Meter Höhe auszuhalten ist.)

Hallo? … Meier.

Guten Tag, Herr Meier, äh, Sie reden ja schweizerdeutsch. Dann muss ich nicht hochdeutsch sprechen. Ich will mal unverbindlich nachfragen, ob die Deutsche Bank dem schweizerischen oder dem deutschen Datenschutzgesetz unterworfen ist.

Dem schweizerischen.

Obwohl Sie eine deutsche Bank sind?

Wir sind die Deutsche Bank Schweiz.

Also eine schweizerdeutsche Bank. Deshalb sprechen Sie schweizerdeutsch und nicht deutsch?

Was möchten Sie?

Schweizer Banken geben mir keine Auskunft über Konten anderer Leute. Jetzt dachte ich, vielleicht bietet mir eine ausländische Bank diesen Service. Also Whistleblowing.

Wir sind der schweizerischen Gesetzgebung unterworfen.

Haben Sie Computer?

Natürlich.

IT-Leute?

Wissen Sie, das, was gestern in der Zeitung stand, kann bei jeder Bank passieren. Das ist eine Sache der Justiz.

Vielleicht müsste man jetzt doch mit der Justiz reden, geht mir durch den Kopf. Die Justiz verhindert Whistleblowing-Services. Die Banken würden vielleicht gerne Informationen teilen, aber sie dürfen nicht wegen der Justiz. Skandalös.

Bowling West Schlieren.

Mein Name ist Widmer. Bieten Sie Whistlebowling an?

Bowling spielen? Heute Abend?

Ruedi Widmer ist Cartoonist in Winterthur und whistleblowt, dass er für diese Kolumne 160 Franken erhält.