USA: Krieg mit anderen Mitteln

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Jahrelang wuchs das US-Militärbudget so stark wie in kaum einem anderen Land der Welt. Jetzt wird ein strategischer Wandel eingeläutet. Und es soll sogar gespart werden. Friedlicher wird die Welt deswegen nicht.

Seit 2001 sind die Militärausgaben der USA um mehr als achtzig Prozent auf fast 700 Milliarden US-Dollar jährlich gestiegen. Damit ist das Land laut dem internationalen Friedensforschungsinstitut Sipri für 43 Prozent der weltweiten Militärausgaben verantwortlich. Die USA geben mehr für Kriegsgeräte und SoldatInnen aus als die zehn Staaten mit den nächstkleineren Militärbudgets zusammen.

In den kommenden zehn Jahren sollen nun 480 Milliarden Dollar beim Militär eingespart werden, sagte letzte Woche US-Präsident Barack Obama an einer Pressekonferenz. Allerdings werden damit die Militärausgaben nicht sinken. Sie steigen nur weniger stark an als projektiert.

Mehr Drohnen, mehr Spezialtruppen

Im Grunde geht es laut Obama um einen «Wandel». Die USA wollen ihre Armee neu ausrichten, sie «agiler und mobiler» machen. Die Zahl der SoldatInnen soll um rund 50 000 sinken, aber mit weit über einer halben Million immer noch höher liegen als vor 2001. US-Truppen sollen weiterhin «zu Lande, zu Wasser, zu Luft, im Weltall und im virtuellen Raum» aktiv sein, wie es in einem Strategiepapier heisst. Allerdings sollen mehr ferngesteuerte Drohnen eingesetzt werden und mehr Spezialtruppen verdeckt agieren.

Die Neuausrichtung ist also keine Sparmassnahme, sondern eine Reaktion auf die faktisch gescheiterten Feldzüge in Afghanistan und im Irak vom vergangenen Jahrzehnt. Obwohl es den USA dabei in beiden Fällen relativ schnell gelang, die politische Führung der beiden Staaten auszuschalten, kann von einem Sieg keine Rede sein. Im Irak haben die USA in neun Jahren Krieg rund 4500 SoldatInnen verloren, offiziell wurden über 33 000 verwundet, Zehntausende sind traumatisiert.

Dennoch ist es den USA nicht gelungen, den Irak zu stabilisieren. Allein am Montag wurden fünfzehn Menschen bei Autobombenanschlägen getötet und Dutzende verletzt. Ende des Jahres sind die letzten Kampftruppen aus dem Land abgezogen, ohne den diversen Terrorgruppen das Handwerk gelegt zu haben. Die irakische Führung ist derweil heillos zerstritten. Ministerpräsident Nuri al-Maliki hat gegen den irakischen Vizepräsidenten Tarik al-Haschemi einen Haftbefehl erlassen. Dieser hält sich jedoch im nordirakischen Kurdengebiet auf, wo er in Sicherheit ist. Ein Freund der USA ist der Irak nicht geworden.

Ein Ereignis illustriert das Irakdesaster vor zwei Wochen gut: Ende Dezember feierten auf einem zentralen Platz in Bagdad Hunderte von Mitgliedern und Anhängern einer der gefährlichsten schiitischen Aufstandsgruppen ihren «Sieg» gegen die abgezogenen InvasorInnen. Die vom Iran unterstützte Asaib Ahl al-Haq zeigte Videos ihrer tödlichen Attacken gegen Humvee-Fahrzeuge, Panzer und Konvois der US-Truppen, wie zwei Korrespondenten der «Washington Post» berichteten. Asaib Ahl al-Haq will nun den bewaffneten Kampf aufgeben und in die Politik einsteigen. Mit dem Abzug der US-Truppen kann der Iran – der derzeit grösste Feind der USA – seinen Einfluss auf den ebenfalls schiitisch dominierten Irak weiter ausweiten.

Die US-Regierung setzt derweil auf ihre Alliierten vor Ort: Dazu rüstet sie etwa die saudi-arabische Königsdiktatur und die Vereinigten Arabischen Emirate auf, was zugleich auch ein gutes Geschäft für die heimische Rüstungsindustrie ist. Dabei werden Widersprüche zu ihrem Bekenntnis, die Demokratie im Nahen Osten zu fördern, in Kauf genommen. So sind im März Truppen der beiden Staaten in Bahrain einmarschiert, um die Demokratiebewegung niederzuschlagen.

Doch die USA werden im Nahen Osten auch weiterhin selber Präsenz gegen den Iran markieren, nicht nur von ihren Flugzeugträgern aus: In den kommenden Wochen ist etwa ein Manöver mit Israel unter dem Namen «Austere Challenge 12» geplant. Mehrere Tausend US-Truppen sollen bereits in Israel eingereist sein, es wird das bislang grösste gemeinsame Manöver der beiden Länder. Geübt werden soll ein feindlicher Angriff mit Raketen. Die Spannungen in der Region werden mit diesen Militärspielen sicher nicht weniger.

Das grösste gemeinsame Manöver

Die strategische Neupositionierung der US-Militärs zeigt sich auch in Bezug auf den Umgang mit sogenannten «feindlichen Kämpfern». Barack Obama ist 2008 unter anderem mit dem Versprechen Präsident geworden, das Militärgefängnis in Guantánamo zu schliessen, wo Menschen ohne richterlichen Beschluss über Jahre festgehalten werden.

Dieses Versprechen hat Obama nicht umgesetzt. Im Gegenteil: Auf den 1. Januar hat er den umstrittenen National Defense Authorization Act 2012 unterzeichnet. Darin wird Guantánamo praktisch legalisiert. US-Truppen dürfen in Zukunft Gefangene machen und sie ohne richterlichen Beschluss auf unbestimmte Zeit festhalten. Guantánamo entpuppt sich somit nicht als Überbleibsel einer vergangenen Periode, sondern als Investition in die Zukunft.