Ems-Chemie – ein Kommentar: Martullo-Blocher hamstert

Nr. 8 –

Fast schon militärisch führte sie die Ems-Chemie zum Rekordergebnis. Magdalena Martullo-Blocher erwirtschaftete mit ihrem Chemiekonzern 2011 einen Umsatz von 1658 Millionen Franken. Auch der Nettogewinn von 242 Millionen übersteigt die Ergebnisse der letzten Jahre deutlich, dies trotz des starken Frankens und der damit einhergehenden Währungsverluste.

Die internationale Nachfrage nach den Ems-Erzeugnissen stieg im Jahr 2011 so stark an, dass die Bündner Firma an ihre Kapazitätsgrenzen stiess. Um alle Aufträge bewältigen zu können, investierte Martullo-Blocher in Infrastruktur – nicht aber in neue MitarbeiterInnen. Keine einzige Stelle schuf sie im vergangenen Jahr, trotz des massiv gestiegenen Auftragsvolumens. Im Gegenteil, Martullo-Blocher baute sogar noch vierzehn Stellen ab. Die verbliebenen Beschäftigten mussten sich zu hundert Mehrstunden verpflichten und auf Ferienzeit verzichten, nur so konnten sie alle Aufträge abarbeiten.

Kurzfristige Arbeitsspitzen mit Überstunden abzufangen, mag betriebswirtschaftlich sinnvoll sein. Die Ems-Chemie wächst aber schon seit zwei Jahren, und auch für 2012 erwartet die Chefin keinen Einbruch. Statt neue Stellen zu schaffen, lässt Martullo-Blocher ihre MitarbeiterInnen wie Hamster im Rad strampeln. Während andere über sechs Wochen Ferien diskutieren, reduziert sie die Erholungszeit ihrer Beschäftigten kurzum um zwei Wochen. «Effizienzsteigerungsprogramm» nennt sie das.

Rund 180 000  Stunden Gratisarbeit verlangte die Chefin vergangenes Jahr von ihren MitarbeiterInnen und sparte so rund sechs Millionen Franken an Lohnkosten. Bei der Auszahlung an die AktionärInnen hatte sie sich weit weniger kostenbewusst gegeben.

Der Verwaltungsrat hatte letzten Frühling die Dividendenausschüttung im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt und eine Auszahlung von 243 Millionen Franken beschlossen. Über diese «Sonderdividende» zum 75-Jahre-Firmenjubiläum durfte sich vor allem Martullo-Blocher selbst freuen. Sie hält zwar keine Aktien der Ems-Chemie, besitzt aber knapp die Hälfte der Emesta Holding. Diese Organisation mit Sitz in Zug hält wiederum rund 61 Prozent der Namensaktien der Ems-Chemie. Martullo-Blocher hamsterte so rund 90 Millionen Franken.