UBS und Uni Zürich: Eigennützige Spender
Die UBS finanziert der Universität Zürich fünf Lehrstühle und ein Forschungsinstitut. Was heisst das für die Forschung?
Als die Kreditanstalt (SKA), die heutige Credit Suisse, zu Beginn der achtziger Jahre nach diversen Skandalen ein Imageproblem hatte, verteilte sie 800 000 Skimützen im Land. Die Gleichmacherei auf den Köpfen löste eine Läuseplage in Schulen und Kindergärten aus. Dreissig Jahre später befindet sich die UBS in einer ähnlichen Lage und verteilt – Lehrstühle und Schulbücher. Früher gabs also Läuse auf den, heute Flausen in den Kopf. Auch am langen Weg von der Skimütze zum Lehrstuhl lässt sich die Expansion der Finanzindustrie ablesen. Der Universität Zürich spendiert die Grossbank in den nächsten zehn Jahren insgesamt 100 Millionen Franken. Damit werden fünf Lehrstühle am Institut für Volkswirtschaft finanziert und ein neues, an der Uni assoziiertes, rechtlich aber unabhängiges Institut mit dem Namen «UBS International Center of Economics in Society» betrieben. Die Bedeutung der Drittmittel, die aus den Schatullen von Firmen und privaten Stiftungen stammen, nimmt damit im Universitätsbudget weiter zu. Bisher betrugen sie 80 Millionen pro Jahr. Die Unabhängigkeit von Forschung und Lehre sei aber gewährleistet, betonte Unirektor Andreas Fischer.
Die Uni verweigert allerdings die Herausgabe der Verträge mit der UBS, weil das «die Interessen der Grossbank tangieren» würde. Das widerspricht dem für öffentliche Institutionen geltenden Öffentlichkeitsprinzip. Fischers Aussagen wirken so wenig glaubwürdig. Auch UBS-Präsident Kaspar Villiger stärkte das Vertrauen in die Unabhängigkeit der Uni nicht, als er der NZZ sagte: «Als eine von der Krise geprägte Branche haben wir auch Interesse an den Forschungsergebnissen, beispielsweise zu sinnvollen Anreizsystemen oder zu den Gründen dafür, weshalb staatliche Regulierungen oft andere als die beabsichtigten Wirkungen haben.»
Ein Schachtelteufel
Ist das UBS-Geschenk erst einmal ausgepackt, entpuppt es sich auch finanziell als Schachtelteufel: Wegen ihres Beinahecrashs von 2008/09 zahlt die UBS alleine in der Stadt Zürich bis 2015 keine Steuern. Sieben ganze Jahre lang. Auch wenn sie noch so viel Gewinn schreibt. Die dem Fiskus entgangene Summe übersteigt das Unigeschenk bei weitem.
Die Verantwortlichen an der Universität kümmert das derweil wenig. Lieber beschwören sie eine Abkehr von den Dogmen der jüngeren Vergangenheit in der Volkswirtschaftslehre: Die zukünftige Forschung in Zürich soll nicht mehr von der Theorie der effizienten Märkte oder jener der rationalen Erwartungen mit ihrem «homo oeconomicus» bestimmt werden, die das ideologische Fundament der 2008 abgestürzten Finanzwirtschaft darstellten. Stattdessen setzt man jetzt begeistert auf die «Verhaltensökonomie». Professor Ernst Fehr, der das neue UBS-Institut in Zukunft leiten wird, gehört zu den prominenten Vertretern dieser empirisch ausgerichteten, am konkreten menschlichen Verhalten orientierten Richtung. Auf dieser Basis soll «Spitzenforschung» betrieben werden. Man will einen «Cluster» mit «internationaler Strahlkraft» bilden (UBS-Präsident Villiger), da die erste Million bekanntlich immer am schwierigsten zu verdienen sei (Ökonom Fehr). Es wird ausserdem auf einen Aufstieg in den internationalen Unirankings und einen baldigen Wirtschaftsnobelpreis spekuliert.
Vielfalt gebraucht
So geht die Zürcher Ökonomie trotz eines angekündigten Richtungswechsels erneut ihrer eigenen Marktgläubigkeit auf den Leim: Denn nicht eine auf dem «Weltmarkt» der Forschung möglichst prominente «Unique Selling Proposition» – also die Spezialisierung auf ein Gebiet wie hier die «Verhaltensökonomie» – macht kritische, gesellschaftlich relevante Sozialwissenschaft möglich. Im Gegenteil: Dazu bräuchte es eine möglichst grosse inhaltliche und methodische Vielfalt an Instituten und Lehrstühlen. Denn die Qualität des Widerstreits der Ideen ergibt sich aus Vielfalt und Kooperation, nicht aus Spezialisierung und Konkurrenz, wie im Wettbewerb der Produkte. Dass Kaspar Villiger das nicht versteht, der sein Leben lang Stumpen, Kampfjets und das Bankgeheimnis verkaufte, leuchtet ein. Darüber aber, dass Professor Ernst Fehr wie ein Start-up-Unternehmer spricht, wundert man sich eher. Aber vielleicht spricht hier schon «his master’s voice».