Mali: «Eine Frage weniger Wochen»

Nr. 42 –

Nach einer Uno-Resolution drängt Frankreich auf einen raschen Militäreinsatz in Mali. Doch ein solcher könnte viel Schaden anrichten.

Kommt es in Mali zu einer internationalen Militärintervention? Der Uno-Sicherheitsrat hat letzten Freitag – auf französische Initiative – eine Resolution verabschiedet: Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon soll demnach mit der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (Cédéao) und der Afrikanischen Union (AU) innerhalb von 45 Tagen Pläne für einen Einmarsch westafrikanischer Truppen ausarbeiten.

In Mali hatten Armeeangehörige Ende März den langjährigen Staatschef Amadou Toumani Touré entmachtet. Daraufhin gelang es Tuaregrebellen zusammen mit verbündeten islamistischen Gruppen, innerhalb weniger Tage weite Teile des Nordens unter ihre Kontrolle zu bringen. Die Islamisten im Umfeld des Terrornetzwerks al-Kaida im islamischen Maghreb (Aqmi) vertrieben schliesslich die Tuaregrebellen aus den meisten grösseren Städten und unterdrücken seither die Bevölkerung brutal (siehe WOZ Nr. 27/12 ). In der Hauptstadt Bamako ist seit April eine zivile Übergangsregierung am Ruder, die aus einem Abkommen zwischen den Putschisten und der Cédéao hervorging.

Malis unklare Position

Die Lage im Norden Malis ist höchst unübersichtlich. Es lässt sich kaum beurteilen, ob die Bevölkerungsmehrheit für eine Militärintervention wäre. Doch seit klar ist, dass die Gewalt der islamistischen Fanatiker zunimmt, stellen sich auch besonnene BeobachterInnen nicht mehr per se gegen einen Militäreinsatz. Gilles Yabi, Direktor für Westafrika bei der unabhängigen Krisenpräventionsorganisation International Crisis Group (ICG), warnte im April in einem Gespräch mit der WOZ noch eindeutig: «Eine Militärintervention könnte das Problem verschärfen, zu einer weiteren Militarisierung der Region führen und so einen eigentlichen Flächenbrand auslösen.» Wenige Wochen vor der Sicherheitsratsresolution veröffentlichte die ICG jedoch Empfehlungen an die malische Regierung wie auch an internationale Akteure, die zwar immer noch einer Verhandlungslösung Priorität einräumen, aber auch einer Militärintervention den Weg ebnen könnten.

Auf politischer Ebene ist in Mali umstritten, ob eine Militärintervention unterstützt werden soll. Übergangspräsident Dioncounda Traoré hatte Mitte September bei der Uno formal um eine Resolution nachgesucht, die eine internationale Unterstützung der malischen Armee zur «Rückeroberung der nördlichen Gebiete» ermöglichen sollte. Doch ist die malische Armee nicht mehr vollständig unter Kontrolle der Zentralregierung, und gleichzeitig sind gewichtige Gegner des Übergangspräsidenten Traoré gegen eine Internationalisierung des Konflikts. Insbesondere die Kräfte um den Anführer des Militärputschs, Amadou Sanogo, der noch immer eine wichtige Rolle spielt, machen gegen jegliche Einmischung von aussen mobil.

Französischer Schnellschuss

Auf internationaler Ebene scheint sich hingegen ein Konsens gebildet zu haben. Die AU hat die Entwicklungen in Mali offenbar als Gefahr für ganz Afrika erkannt: Die neue Kommissionspräsidentin der AU, die frühere südafrikanische Gesundheits- und Aussenministerin Nkosazana Dlamini-Zuma, erklärte am Montag gleich bei ihrer Amtseinsetzung, die afrikanische Staatengemeinschaft werde sich darum bemühen, die Konflikte in Mali und der Sahelregion zu lösen – das sei «eine Krise, die das Potenzial hat, sich über die gesamte Region und sogar den Kontinent auszubreiten».

Während die EU ebenfalls am Montag beschloss, Militärinstruktoren zur Unterstützung der malischen Armee zu entsenden, fährt vor allem die ehemalige Kolonialmacht Frankreich seit der Resolution des Sicherheitsrats grobes rhetorisches Geschütz auf: Aussenminister Jean-Yves Le Drian sagte am Dienstag im französischen Fernsehen: «Ein afrikanischer Militäreinsatz ist eine Frage von wenigen Wochen, nicht von Monaten.» Ein solcher Schnellschuss widerspricht der Uno-Resolution und der Einschätzung internationaler Organisationen wie der ICG, die darauf hinweisen, dass eine schlecht vorbereitete und schlecht abgestützte Militärintervention Schaden anrichten und die ganze Region destabilisieren könnte.

Entschieden gegen Schnellschüsse ist Algerien. Ohne die Grossmacht im nordwestlichen Afrika, die direkt an die von den Islamisten kontrollierten malischen Gebiete grenzt, ist eine Lösung des Konflikts nicht zu haben, glaubt Gilles Yabi von der ICG. Nach dem Zustandekommen der Uno-Resolution liess Algerien verlauten, eine militärische Intervention würde die Islamisten nur auf algerisches Territorium treiben. Algerien hält an einer diplomatischen Konfliktlösung fest – und begrüsst die Uno-Resolution grundsätzlich, da sie in erster Linie eine politische Lösung fordere. Dies scheinen die EU und Frankreich übersehen zu haben.