Immer und ewig : Das «Schweizer Möbel Lexikon», neu aufgelegt

Nr. 44 –

Vor einigen Wochen geriet ich bei einer Metallbaufirma in Zürichs Norden in eine Warteschlaufe, als ich wegen einer kleinen Reparatur unüblich lange warten musste. Die Leute waren nett, boten Kaffee an, und in einem USM-Haller-Gestell lagen diverse Noch-schöner-Wohnen-Zeitschriften und das «Schweizer Möbel Lexikon» auf und luden zum Schmökern ein.

Die Existenz dieses Lexikons war mir bisher entgangen. Schon nach wenigen Seiten stiess ich auf das simple Bettgestell, das der Zürcher Architekt Alfred Roth im Jahr 1927 entwickelt hatte. Ein einfacher Rahmen aus verchromtem Stahlrohr an Kopf- und Fussende, dazwischen ein Lattenrost mit verstellbarem Kopfteil – alles, was es braucht. Wenige Seiten weiter war das ebenso schlichte und nur drei Jahre später entworfene Schlafsofa des Finnen Alvar Aalto abgebildet, das sich mit wenigen Handgriffen vom Sofa in ein Bett umwandeln lässt. Die fotogenste Variante war abgebildet: Die beiden gepolsterten Teile waren mit Zebramuster bezogen. So ging es weiter: der Landi-Stuhl aus Aluminium von Hans Coray, der zur Ikone der Schweizer Landesausstellung im Jahr 1939 wurde, der Dreibeinstuhl von Max Bill von 1949 …

Das «Schweizer Möbel Lexikon» versammelt alle Designklassiker aus der Schweiz von den zwanziger Jahren bis zur Jahrtausendwende. Jedes der auserwählten Produkte ist abgebildet, und die Grösse ist angegeben. Man erfährt, wer es entworfen hat, ob und von wem es noch hergestellt wird. «Schweiz» ist dabei etwas weiter gefasst. Es können Entwürfe von Produktgestaltern und Designerinnen aus aller Welt sein, solange die Objekte in der Schweiz hergestellt werden. Frauen sind nur eine Handvoll zu finden, und sie zeichnen meistens gemeinsam mit ihrem Ehemann oder Partner. Erstaunlich viele dieser «Klassiker» werden aber immer noch hergestellt. «Il faut beaucoup de temps pour devenir jeune», hatte Pablo Picasso einst gesagt.

Die Enttäuschung war gross, als ich feststellen musste, dass das «Schweizer Möbel Lexikon» vergriffen und auch antiquarisch nicht mehr zu finden war. Sollte ich also unter einem Vorwand bei dieser Metallbaufirma in Zürichs Norden – bei diesen netten Leuten – nochmals vorbeischauen und das Lexikon unauffällig mitgehen lassen? Zu meinem und ihrem Glück ist rechtzeitig die dritte, ergänzte Auflage erschienen, die bis ins Jahr 2010 fortgeführt ist.

Stefan Zwicky (Hrsg.): Schweizer Möbel Lexikon. 3. ergänzte Auflage. Mit einem Vorwort von Alfred Hablützel. Jovis Verlag. Berlin 2012. 256 Seiten, 1078 Abbildungen. Fr. 59.90