Initiative für eine Grüne Wirtschaft: Designermöbel, halb grün

Nr. 36 –

Ökologisch, effizient und doch ökonomisch – so sollen Schweizer Firmen nach den Vorgaben der Initiative für eine Grüne Wirtschaft produzieren. Ein hoher Anspruch, wie ein Beispiel zeigt.

Nach hohen ökologischen Standards: In einer Halle der Möbelfirma USM in Münsingen warten Stahlblechteile auf die Weiterverarbeitung.

Wie eine Gartenanlage wirkt die Firma nicht. Es stampft und quietscht in den grossen Lagerhallen. Künstliche Arme heben dünne Stahlbleche im Sekundentakt, platzieren sie präzise auf einen Metallrahmen. Massive Stanzmaschinen bearbeiten die Platten, ein Förderband transportiert sie weiter. Daneben prüfen FabrikarbeiterInnen die Qualität der Bleche, befestigen sie dann an feinen Drähten an der Decke. Und weiter geht es im Sekundentakt.

Was Mensch und Maschine hier gemeinsam produzieren, wird später gereinigt, eingefärbt und zusammengebaut in den Büroräumen und Wohnstuben modebewusster DesignliebhaberInnen stehen. Es sind die Regale und Sideboards der Firma USM, nach hohen ökologischen Standards produziert.

Beginn als Schlosserei

Die Firma USM in Münsingen existiert seit mehr als 130 Jahren. Nicht immer wurden in den USM-Fabrikhallen aber Designermöbel hergestellt. In den Anfangsjahren, Ende des 19. Jahrhunderts, war die Firma eine Eisenwarenhandlung und Schlosserei, einquartiert in einem Hinterhof von Münsingen. Der Handwerker Ulrich Schärer führte die Schlosserei und Schmierwerkstätte, seine Ehefrau Rosalie die Eisenwarenhandlung. Später produzierten die MitarbeiterInnen des damals noch kleinen Unternehmens Fensterbeschläge. Erst in den sechziger Jahren begann die Firma mit der Herstellung der Möbel, die sie schliesslich weltweit bekannt machen sollten.

Heute ist USM einer der Grossen in der Möbelproduktion. Nahezu 300 MitarbeiterInnen sind im Münsinger Betrieb angestellt.

Seinem Grundbaustoff – dem Eisen – blieb das Unternehmen bis heute treu. Neben Aluminium, Holz, Messing und Zink stellt Stahl – eine Legierung, die hauptsächlich aus Eisen besteht – den Hauptwerkstoff für die Möbelproduktion dar. Er deckt noch immer wesentlich mehr als die Hälfte des Materialbedarfs von USM ab.

Beinahe alle Produktionsschritte finden in den grossen Fabrikhallen in Münsingen statt: vom Zuschneiden und Biegen der Bleche bis zur Montage der Möbel. Einzig Blechrollen und Blechzuschnitte werden als Halbfabrikat eingekauft.

«Swiss made» soll es sein, so verkaufen sich die Möbel schliesslich gut. Die Einzelteile der USM-Möbelbausysteme werden, wenn möglich, in der Schweiz produziert, auch diejenigen für die ausländischen KundInnen. Das führt nicht nur zu guten Verkaufszahlen, sondern freut auch die Umwelt und den Werkplatz Schweiz: Es spart unnötige Transportwege und schafft zugleich lokale Wertschöpfung.

Das Nachhaltigkeitsprinzip verfolgte USM bereits in den sechziger Jahren. Damals trat Paul Schärer, später Mitentwickler der USM-Haller-Möbel, in den Betrieb ein. Es war sein Anliegen, möglichst sorgfältig mit Ressourcen umzugehen. Der sparsame Verbrauch von Energie und Rohstoffen spielte für ihn insbesondere aus ökonomischen Gründen eine Rolle. Umweltauflagen und Nachhaltigkeitsstandards waren in den sechziger Jahren noch kaum bekannt. Heute ist USM Mitglied des Wirtschaftsverbands Swisscleantech und bekennt sich zu den Zielen der «Grünen Wirtschaft» (vgl. «Umstrittenes Engagement» im Anschluss an diesen Text).

Für den Branchenverband ist USM ein Vorzeigeunternehmen. So recycelt es etwa vorbildlich. Die meisten Produktionsabfälle werden neu aufbereitet, fehlerhafte Bleche ersetzt und in die Wiederverwertung eingespeist. Ausserdem gilt: Jedes Einzelstück, das heute neu entwickelt wird, muss in jedes USM-Möbel der Vergangenheit eingesetzt werden können. Rückwärtskompatibilität nennt sich das Prinzip. Der Clou: Jede weitere Verwendung erhöht die Ressourcenausnutzung der verwendeten Materialien, eine Investition, die sich auf Dauer auch für die BesitzerInnen auszahlt.

Ökologisch produzieren bedeutet für USM aber auch, einen Batzen Geld in die Hand zu nehmen: Rund zwanzig Millionen Franken investierte das Unternehmen etwa in eine neue Pulverbeschichtungsanlage sowie einen unterirdischen Bau. Das Resultat: weniger Abfall, dreissig Prozent weniger Energieverbrauch.

Ganz ohne geht nicht

Eine keine Emissionen verursachende, quasi kompostierbare Firma ist USM aber nicht: Für die Vorbehandlung in der Pulverbeschichtung braucht es Chemikalien. Ausserdem lässt USM Rohre und Kugeln verchromen. Das ist beides wenig umweltschonend.

Ausserdem trägt das Unternehmen ökologisch schwer am Rucksack der importierten Produkte: Kassenschlager von USM sind die USM-Haller-Designmöbel. Diese bestehen zu 97 Prozent aus Eisen – von der Rohstoffgewinnung bis zur Verarbeitung grundsätzlich ein energieintensives Produkt. Etwas mehr als zwei Millionen Verkleidungsbleche verbrauchte die Firma im letzten Jahr. Das Rohmaterial bezieht USM von Lieferanten in der Schweiz und Deutschland. Der Rohstoff, Eisenerz, stammt in der Regel aus Südamerika oder Afrika.

Welche Konsequenzen die Annahme der Initiative für eine Grüne Wirtschaft für das Unternehmen hätte, ist unklar. UmweltexpertInnen verweisen darauf, dass für die Einschätzung eine genaue Unternehmensanalyse notwendig wäre. Die Firma selbst will sich «nicht politisch äussern».

Momentan werden bei USM Solarpanels auf die Hallendächer montiert. Mit ihnen soll ein Teil des Energieverbrauchs des Unternehmens abgedeckt werden.

Umstrittenes Engagement

Der Wirtschaftsverband Swisscleantech kämpft neben den Umweltverbänden WWF, Greenpeace und Pro Natura mit einer eigenen Kampagne für die Initiative für eine Grüne Wirtschaft. Der Verband vertritt das grünliberale Gedankengut, wonach die Energiewende möglichst wirtschaftsfreundlich ausgestaltet werden müsse.

Erreichen will Swisscleantech das mittels Innovationsförderung und Lenkungsabgaben. Der Verband vernetzt zahlreiche Firmen, die sich durch ihre Mitgliedschaft zu den Zielen von Swisscleantech bekennen. Verbindliche klimapolitische Standards müssen die Mitglieder allerdings nicht einhalten. Im Abstimmungskampf schlägt dem Verband deshalb immer wieder Kritik entgegen: Seine Mitglieder schmückten sich aus Imagegründen mit dem Swisscleantech-Label, ohne tatsächlich ressourceneffizient zu wirtschaften. So hat sich kürzlich etwa der schwedische Möbelriese Ikea in den Abstimmungskampf eingemischt.

Auch der Autohersteller Nissan – der derzeit seine Elektroautos promotet – ist Mitglied des grünen Wirtschaftsverbands.