Ausserdem: Lang und länger zwängeln
«Salamitaktik!» ist eine Warnung, die in der Politik schnell ausgesprochen ist. Auf das eine folgt das andere, und alles wird immer schlimmer. Dass dies für einmal tatsächlich stimmt, zeigt die Diskussion um die Ladenöffnungszeiten. Es war im Dezember, als Christian Lüscher, Genfer Wirtschaftsanwalt und Vorstandsmitglied der IG Freiheit, in der Wandelhalle sass. Gleich würde der Nationalrat über seinen Vorschlag abstimmen, dass Tankstellen an Strassen mit starkem Reiseverkehr die ganze Nacht geöffnet haben können. Der Freisinnige Lüscher gab sich empört: «Meine Initiative ist kein Anfang für eine weiter gehende Liberalisierung!»
Nun hat das Parlament mit der Zustimmung zu zwei weiteren Vorlagen beschlossen, dass die VerkäuferInnen noch länger arbeiten müssen: In allen Kantonen sollen die Läden unter der Woche bis 20 Uhr, samstags bis 19 Uhr offen haben können. Zudem werden die Tourismuszonen ausgeweitet, in denen der Sonntagsverkauf zulässig ist. Dabei geht es namentlich um das Foxtown-Shoppingcenter in Mendrisio sowie ein Outlet in Landquart, bisher nicht als Winterkurort bekannt.
Und was sagte Volkswirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann zur Begründung? «Damit werden die Wettbewerbsverhältnisse in der Schweiz angeglichen. Heute bestehen an Bahnhöfen, Tankstellen und Flughäfen zunehmend Sonderregelungen, die den Wettbewerb zwischen den verschiedenen Standorten verzerren.»
Die Rede von der «Verzerrung im Wettbewerb» ist blosse ideologische Zwängerei: Zehn von zehn Abstimmungen über eine Verlängerung der Ladenöffnungszeiten gingen in den Kantonen in den letzten Jahren verloren. Zuletzt überdeutlich in Basel-Stadt. Die LiberalisiererInnen im Bundeshaus wissen das durchaus. Die Sonntagsarbeit in den Tourismusgebieten haben sie auf dem Verordnungsweg erlassen, sodass sich die Angestellten nicht dagegen wehren können. Das Referendum gegen die Tankstellenshops, für das schon mehr als die erforderlichen 50 000 Unterschriften gesammelt sind, wird somit doppelt und dreifach bedeutsam.