Wichtig zu wissen: Renitente Walküren
Susi Stühlinger über ein geheimes Spitzentreffen.
«Und dann die Feminisierung der Volksschule …» – «Ja, Christophe?» Philipp Müller war gedanklich kurz abgeschweift, zur Miss-Thal-Wahl, damals an der Gewerbeschau Balsthal, als die Frauen noch gesund und handzahm waren, wie das Braunvieh im Freiamt. Ja, die Frauen. Sie waren der eigentliche Gegenstand dieses konspirativen Treffens, um das ihn Kollege Darbellay gebeten hatte. Sie sassen in der hintersten Ecke der Café Bar Nord an der Autobahnraststätte Grauholz, auf halbem Weg zwischen dem Aargau und dem Wallis, und Philipp Müller wusste beim besten Willen nicht, wie er den aufgelösten Mann vis-à-vis hätte trösten können.
«… 56 Prozent Mädchen an Zürcher Gymnasien, schweizweit knacken sie bald die 60-Prozent-Hürde», schniefte Christophe. Das letzte Mal, als die FDP mehr als 50 Prozent hatte, das war 1953, sinnierte Müller, während sich sein Gegenüber weiter in Rage redete. «… zu Tausenden werden sie aus den Hochschulen quellen, die Meier-Schatzens und Walker Spähs dieser Welt …»
Was Christophe umtrieb, kannte er aus eigener Erfahrung: die Weiber, die mit ihrer Sozialtümelei der ohnehin schwächelnden bürgerlichen Mitte das Rückgrat zu brechen drohten. Keine zwei Monate war es her, dass er dieser Walküre von einer Generalsekretärin das Maul gestopft hatte, als sie bei der letzten Abstimmung staatlich subventionierte Kinderkrippen propagiert hatte – und schon muckten sie wieder auf. Nur weil es der kommunistischen Verschwörung gelungen war, den Zürcher Stadtratskandidaten zu versenken, behaupteten sie nun, mit einer Frau wäre alles anders gekommen. Vierzig Jahre nach der Einführung entwickelte sich das Frauenstimmrecht zu einem echten Problem.
Christophe war verstummt und brütete über seinem Verveinetee. Ihn hatte es noch schlimmer erwischt, mit seinen CVP-Frauen, die sich unter Berufung auf angeblich christliche Werte gegen die Asylgesetzrevision stemmten.
Philipp Müller suchte nach ermunternden Worten, fand aber keine. «Vielleicht», sagte Christophe schliesslich, «sollten wir mal mit dem Erziehungsexperten Remo Largo zusammensitzen. Der fordert schon lange eine Frauenpartei. Da könnte man sie alle miteinander unterbringen, zusammen mit den Sozis. Und wir könnten uns gemeinsam auf eine konsequente Asylpolitik konzentrieren.» Ein verlockender Gedanke, in der Tat, fand Müller, doch er hatte einen Haken. Niemals würden sich die renitenten Frauen in einem geschlossenen Lager unterbringen lassen. Und was würde aus den wenigen guten? Nun, da es endlich gelungen war, Karin Keller-Sutter in der Economiesuisse und zahlreichen Verwaltungsräten als Sympathieträgerin zu installieren, um so all die Wahlschlappen, die verlorenen Abstimmungskämpfe und seinen persönlichen «Ein A...loch bleibt ein A...loch»-Ausrutscher vergessen zu machen. Plötzlich fiel es beiden wie Schuppen von den Augen. Jubelnd fielen sie sich in die Arme. Das war es – DNA-Tests für risikobehaftete Politikerinnen!
Susi Stühlinger berichtet an dieser Stelle von nun an abwechselnd mit Ruedi Widmer über das, was zu wissen ist.