Gartenbau: Sieg der roten Artillerie mit dem grünen Daumen

Nr. 28 –

Sie haben gekämpft und gewonnen: Schaffhauser LandschaftsgärtnerInnen erhalten bis zu 900 Franken mehr Lohn. Nun kämpfen sie für einen Gesamtarbeitsvertrag, damit die Lohnerhöhung für alle Betriebe gilt.

Streik mit Blüemli: Demonstration der Schaffhauser LandschaftsgärtnerInnen am 6. Juli 2013.

Es war nicht ihr bevorzugtes Terrain. Mit ihren klobigen Wanderschuhen und den kurzen Hosen wirkten die Landschaftsgärtner Jonas Elber und Tom Hauser am langen Tisch im Unia-Hauptgebäude in Schaffhausen etwas unentspannt. Dort sassen sie am Dienstagvormittag, um der Presse über ihren monatelangen Arbeitskampf zu berichten, der soeben zu einem wichtigen Teilerfolg geführt hatte. «Der Chef hat uns heute Morgen nochmals freigestellt. Jetzt gehts endlich wieder zurück an die Arbeit», sagte Hauser nach der Pressekonferenz erleichtert.

Seit Mitte letzter Woche hatten Elber, Hauser und weitere achtzig Schaffhauser BerufskollegInnen mit Unterstützung der Gewerkschaft Unia gestreikt: Für einen allgemeinverbindlichen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) und höhere Löhne – der Mindestlohn liegt momentan bei 3450 Franken. Bis spät am Montagabend sah es so aus, als müssten sie den Streik fortsetzen. Doch um 21 Uhr unterschrieb auch die neunte und letzte vom Streik betroffene Schaffhauser Gartenbaufirma eine verbindliche Lohnvereinbarung mit der Unia. Die Mindestlöhne werden nun in zwei Schritten erhöht. Ab Januar 2014 gilt für Ungelernte ein Mindestlohn von 4100 Franken, ein Jahr später erhöht er sich auf 4200 Franken. Ausgelernte LandschaftsgärtnerInnen werden ab Januar 2015 minimal 5100 Franken verdienen, momentan sind es 4220 Franken.

Der Streik war die Konsequenz aus gescheiterten Verhandlungen mit dem Branchenverband Jardin Suisse. Dreimal hatten sich die Parteien in diesem Frühjahr getroffen, letztlich liess Jardin Suisse die Verhandlungen platzen. Er akzeptiere die Unia nicht als Sozialpartner, liess Matthias Frei, der kantonale Vorsitzende des Branchenverbands, verlauten. Verhandelt werde nur mit dem ArbeiterInnenverband Grüne Berufe Schweiz. Dort ist allerdings nur ein Bruchteil der Schaffhauser GärtnerInnen organisiert, während fast drei Viertel von ihnen mittlerweile Unia-Mitglieder sind. Insofern war die Haltung von Frei nicht haltbar.

Mehrere Erfolgsfaktoren

Die GärtnerInnen können einen Etappensieg feiern, ihr Arbeitskampf ist damit aber nicht beendet. Das Ziel bleibt ein allgemeinverbindlicher GAV, an den sich alle Firmen im Kanton halten müssen und nicht nur jene neun, die die Vereinbarung unterschrieben haben.

Der Teilerfolg ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen. Viele GärtnerInnen kannten sich schon vor dem Arbeitskampf – vom Feierabendbier oder aus dem Fussballstadion (siehe WOZ Nr. 26/13 ). Die Kleinräumigkeit des Kantons erwies sich als Vorteil. Tom Hauser nennt noch einen weiteren Faktor: «Der Impuls für den Arbeitskampf ist von unserer Seite gekommen. Erst in einem zweiten Schritt sind wir auf die Unia zugegangen.» Deshalb sei auch der Zusammenhalt so gross. Kollege Jonas Elber pflichtet ihm bei: «Niemand ist während des Streiks allein gelassen worden. Immer war jemand da, um zu reden, etwa wenn ein Chef mal wieder angerufen hat, um jemanden umzustimmen.»

Wichtig sei auch die Unterstützung aus der Bevölkerung, die sie immer wieder gespürt hätten. Zuletzt am vergangenen Samstag, als sie zu einer Demonstration aufgerufen hatten und schliesslich mehr als 200 Menschen lautstark durch die Gassen der Altstadt marschierten. Während die Unia die Parolen vorgab, verteilten die GärtnerInnen Blumen an PassantInnen.

Für Roman Burger von der Unia war nicht zuletzt die geografische Lage des nördlichsten Schweizer Kantons entscheidend: «Als Grenzkanton ist Schaffhausen stark von Lohndumping betroffen. Ein allgemeinverbindlicher GAV ist für die Branche ein effektives Instrument, um dagegen vorzugehen.» Nicht umsonst bestünden im Grenzkanton Genf sowie in beiden Basel solche Verträge bereits. Für Burger haben die Schaffhauser GärtnerInnen eine Pionierrolle eingenommen, die den Weg zu einer nationalen GAV-Lösung ebnen könnte.

Kriegsrhetorik

Der nächste Schritt im Arbeitskampf ist bereits in die Wege geleitet. Die LandschaftsgärtnerInnen und die Unia haben am Dienstag eine Petition lanciert, die kurz vor Redaktionsschluss bereits über 5000 Personen unterschrieben hatten. Sie verlangt vom Kanton und den Gemeinden, dass diese bei Aufträgen nur noch jene Gartenbaufirmen berücksichtigen, die sich zu höheren Mindestlöhnen verpflichtet haben.

Die Reaktion des Branchenverbands Jardin Suisse fiel wütend aus. Ein Schreiben mit dem Titel «Rote Artillerie schiesst auf Gartenbau» attackiert die Unia, der es einzig «um Macht, Geld und mediale Aufmerksamkeit» gehe. Es verhöhnt aber auch die streikenden GärtnerInnen, indem der Streik als «Grillparty» beschrieben wird.

«Meine Firma hat die Vereinbarung unterschrieben», sagt Tom Hauser, kurz bevor er loszieht. «Es ist eine grosse Freude. Vor allem, weil wir jetzt wissen, dass wir gemeinsam etwas erreichen können.»