Film: Revolutionärer Klamauk

Nr. 44 –

Etwas verwirrt entlässt der neuste Film des Westschweizers Lionel Baier das Publikum aus dem Kino – «puzzled», würde man auf Englisch sagen. War das nun ein Roadmovie, Geschichtsbewältigung, eine Komödie? Gar ein Musical? Ein Puzzle ist «Les grandes ondes» auf jeden Fall, atmosphärisch wie auch formal. Und ein unbeschwertes Vergnügen, allein schon wegen der vielen Cameo-Auftritte von Schweizer RegisseurInnen.

Zu Beginn ist es Paul Riniker, der als Bundesrat in schönstem Français fédéral einem Radioteam die Leviten liest: Es sei höchste Zeit, dass die Reporter auch mal über die positiven Seiten der Schweiz berichteten, statt ihre Heimat dauernd zu kritisieren. Dabei schreiben wir das Jahr 1974, und der servile Chefredaktor (Jean-Stéphane Bron, derzeit mit «L’Expérience Blocher» in den Kinos) schickt prompt die Karrieristin Julie (Valérie Donzelli) mit dem Kriegsreporter Cauvin (Michel Vuillermoz) nach Portugal, wo das ungleiche Team zusammen mit einem Tontechniker (Patrick Lapp) Schweizer Entwicklungsprojekte vorstellen soll. Doch alle Projekte entpuppen sich als Deckmäntelchen für Geschäfte mit der Salazar-Diktatur. Die «good news» für die Heimat sind damit zwar gestorben, dafür landet die Radiocrew unversehens in der Nelkenrevolution – und mitten in der Reportage ihres Lebens.

Lionel Baier, der auch selbst im Film auftritt (Tipp: zusammen mit Ursula Meier), wechselt unbekümmert die Genres, vermischt besinnliche mit romantischen und dann wieder absurd komischen Momenten. Dabei geht es ihm nicht nur um Klamauk, sondern auch um soziales Engagement, um den Wert der Freiheit und nicht zuletzt um die Qualität der journalistischen Berichterstattung.

So ist man nach dem Kinobesuch zwar etwas «puzzled» ob der unentschlossenen Erzählweise, aber gut gelaunt und vielleicht sogar etwas besser informiert über die Stimmung kurz nach 1968.

Les grandes ondes (à l’ouest). Regie: Lionel Baier. Schweiz 2013