IV-Tests: Neurobiologisch überführt
Die Nachricht kam im Stil einer Meldung von standortrelevanter Tragweite: «Luzern leistet Pionierarbeit» lautete der Titel zu einem Text in der «Zentralschweiz am Sonntag» vom 4. Januar 2014, der, von der Schweizerischen Depeschenagentur verbreitet, alsgleich von etlichen Zeitungen übernommen wurde.
Die «Pionierleistung» besteht darin, dass die IV-Stelle Luzern seit 2013 neuropsychologische Tests anwendet. Um zu prüfen, ob eine psychische Erkrankung vorliegt, müssen der Simulation verdächtigte IV-BezügerInnen Denk- und Leistungstests zur Beurteilung der Hirnfunktionen lösen. Zusätzlich werden ihre Hirnströme untersucht. Sechzig Personen mussten bisher antreten, die Mehrheit soll dabei der Übertreibung überführt worden sein. Wie fieberhaft die IV-Stelle gegen potenzielle SimulantInnen vorgeht, liess sich schon einer Medienmitteilung vom vergangenen Juli entnehmen. Schon damals wurde euphorisch verkündet: «Im Kampf gegen Missbrauch konnte die IV Luzern 8,5 Millionen Franken Renten einsparen.»
Und nun also auch noch eine effiziente Methode, um RentenschleicherInnen auf die Schliche zu kommen, die psychische Störungen vortäuschen! Besagte Stelle geht nämlich davon aus, dass sich durch bildgebende Verfahren am Gehirn psychische Störungen nachweisen oder ausschliessen lassen. Höchste Zeit also, die gloriose Technik auch im Sozialversicherungswesen anzuwenden. Zumal ja der Anteil von Menschen, die aus psychischen Gründen IV beziehen, beängstigend zunimmt. Ab sofort sollen nur noch neurobiologisch zertifizierte Seelenleiden in den Status einer Invalidenrente kommen. Das alles entscheidende Kriterium: die Nervenleitgeschwindigkeit.
Inzwischen ist bekannt, dass auch IV-Stellen in Kantonen wie Zürich oder St. Gallen Hirnstromuntersuchungen angeordnet haben. Bereits hat auch das Bundesamt für Sozialversicherungen Interesse am Luzerner Experiment bekundet. So effizient nämlich liess sich der ganze Komplex an gesellschaftlichen Problemen noch nie von psychischen Störungen isolieren. Vielleicht aber ist die «Erfolgsmeldung» aus Luzern auch nur ein besonders hübscher Hinweis darauf, worin die wahre Störung liegt: im Menschenbild.