Wien : Märchenhaftes Tränengas

Nr. 5 –

Eine «märchenhaft rauschende Ballnacht» hätte es werden sollen am Freitag vergangener Woche, als die FPÖ zum alljährlichen Ball der deutschnationalen Burschenschaften in die Wiener Hofburg lud. Doch Auseinandersetzungen zwischen Polizei und AktivistInnen prägten den Abend. Laut VeranstalterInnen protestierten über 8000 Menschen auf zwei Demonstrationszügen gegen den Ball. Als die Polizei die kleinere, vom Schwarzen Block angeführte Demonstration auflöste, versuchten AktivistInnen, in das grossräumig um die Hofburg errichtete Sperrgebiet einzudringen und Zugangsstrassen zu blockieren. Dabei kam es zu Scharmützeln. Die Polizei ging mit Knüppeln und Tränengas vor, während die Protestierenden Geschäfte, Polizeiautos und -wachen angriffen. Mittlerweile kritisieren linke PolitikerInnen das Vorgehen der Polizei und eine Ankündigung des Polizeipräsidenten Gerhard Pürstl: Er hatte in einer Fernsehsendung gesagt, dass er die PatientInnendaten verletzter DemonstrantInnen zur Strafverfolgung anfordern werde.

Der Dachverband der Burschenschaften, der Wiener Korporationsring (WKR), veranstaltet den Ball seit den fünfziger Jahren. Doch erst seit der Regierungsbeteiligung der FPÖ zwischen 2000 und 2005 wurde die Veranstaltung, an der sich auch ausländische Rechtsradikale beteiligen, Ziel antifaschistischer Proteste. Da die Betreiberin der Hofburg nach den Aktionen von 2012 dem WKR die Räume nicht mehr zur Verfügung stellen wollte, richtet seither die FPÖ den Ball aus.

Bisher weigert sich die Stadt Wien, die Veranstaltung in ihren historischen Räumlichkeiten zu untersagen. KZ-Überlebende wie Rudolf Gelbard kritisierten vor dem diesjährigen Treffen in einem offenen Brief, dass die Stadt VertreterInnen von Vereinen willkommen heisse, die in Vergangenheit «Holocaustleugnern eine Bühne geboten und die Opfer des Nationalsozialismus immer wieder verhöhnt haben».

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