Asylunterkünfte: Millionen für die Sicherheitsindustrie

Nr. 17 –

Neue Dokumente zu den Asylunterkünften des Bundes, die der WOZ vorliegen, zeigen detailliert auf, wer im Asylgeschäft am meisten profitiert: Es sind nicht die Betreuungsdienstleister, sondern die Sicherheitsfirmen.

Das Schweizer Asylwesen hat ein verändertes Gesicht. Erstmals seit über zwei Jahrzehnten ist nicht mehr bloss das Zürcher Dienstleistungsunternehmen ORS AG für die Betreuung in den fünf bundeseigenen Asylunterkünften zuständig. Die Privatfirma betreut nur noch die Zentren Basel, Vallorbe und Chiasso. In Kreuzlingen und Altstätten ist neu die Asylorganisation Zürich (AOZ) zuständig. Zuvor hatte das Bundesamt für Migration (BFM) die millionenschweren Betreuungsaufträge stets an die ORS vergeben. Massive Kritik am Vorgehen der Bundesbehörde führte zur gesetzlich vorgeschriebenen öffentlichen Ausschreibung.

Der WOZ liegen nun die neuen Verträge zwischen dem BFM und den Betreuungsdienstleistern vor (einsehbar als PDF-Dateien im Anschluss an diesen Text). Sie zeigen auf, dass die ORS deutlich teurer ist als die öffentlich-rechtliche AOZ (vgl. Tabelle).

Die Ausschreibung sei «in fünf regionale Lose aufgeteilt» und so konzipiert worden, «dass zwingend mehrere Anbieter berücksichtigt werden mussten. Die Kosten können von Los zu Los variieren. Ein direkter Vergleich ist somit nicht möglich», erklärt das BFM auf Anfrage den Kostenunterschied. Die beiden Rahmenvereinbarungen mit den Dienstleistern sind jedoch identisch. Es ist nicht nachvollziehbar, was daran nicht vergleichbar sein soll.

Patrouillen mit Hund

Aufschlussreicher ist der Vertrag zwischen dem BFM und der Ostschweizer Sicherheitsfirma Abacon Sicherheit AG. Dieser bestätigt, was eine Studie der Beratungsfirma Ecoplan bereits Ende 2012 aufzeigte (siehe WOZ Nr. 51/2012 ): Die grösste Profiteurin im Geschäft mit den Asylsuchenden ist die Sicherheitsbranche.

Erstaunlicherweise hat Abacon dem Einsichtsgesuch der WOZ entsprochen. Die Securitas AG, die Juggers Securité SA sowie die Prosegur SA haben die Einsicht bisher verweigert. Der Vertrag zwischen Abacon und dem BFM umfasst zwei verschiedene Aufträge: den Patrouillendienst im Umfeld des Bundeszentrums in Kreuzlingen sowie das Gesamtpaket, bestehend aus Patrouillendienst und Sicherheitsdienstleistungen in der Unterkunft (Loge) in Altstätten. Zum Logendienst gehören unter anderem die «Zutritts- und Austrittskontrolle», der «Umgang mit renitenten Personen», die «Personendurchsuchungen» sowie die «periodische Kontrolle des näheren Umfeldes mit dem Hund». Der Patrouillendienst kennt neben der «Unterstützung der Sicherheitskräfte im Zentrum bei der Durchsetzung von Ruhe und Ordnung» beispielsweise auch noch die Aufgabe «Förderung des subjektiven Sicherheitsempfindens».

4,5 Millionen Franken für Abacon

Der Auftrag spült der Abacon Sicherheit AG 4,5 Millionen Franken in die Kasse. Das Gesamtpaket (Patrouille und Loge) in Altstätten bringt 2,5 Millionen, der Patrouillendienst in Kreuzlingen 2 Millionen. Die Ostschweizer Sicherheitsfirma nimmt also in Altstätten weit mehr als das Doppelte dessen ein, was die öffentlich-rechtliche AOZ mit der Betreuung verdient. Es ist der klare Ausdruck davon, wie das BFM die Herausforderung der Unterbringung von Asylsuchenden betrachtet: als Sicherheitsproblem.

Die WOZ wollte wissen, weshalb viel weniger Geld in die Betreuung gesteckt wird. Man habe auch in mehr Betreuung investiert, das «bedeutet aber nicht automatisch mehr Sicherheit», antwortet das BFM an der Frage vorbei, «beide Aufgaben müssen erfüllt werden und lassen sich nicht gegeneinander ausspielen.» Ausserdem erbringe die Sicherheit ihre Dienstleistung während 24 Stunden, weshalb höhere Lohnkosten entstünden.