Fussball und andere Randsportarten: Rothäute und andere Waffen

Nr. 40 –

Ein Namensstreit im US-Football.

Dass die US-AmerikanerInnen eine belastete Beziehung zu ihren UreinwohnerInnen haben – also denen, die viele Menschen bis heute fälschlicherweise «Indianer» nennen –, ist jetzt wahrscheinlich keine Nachricht, die Sie aus den Socken haut. Und damit meine ich noch nicht einmal, dass die Frage, wie viele Menschen tatsächlich dem kolonialen Ansturm der eingewanderten Weissen zum Opfer gefallen sind, bis heute nicht wirklich aufgearbeitet ist. Vielmehr meine ich, dass den UreinwohnerInnen in der modernen US-Gesellschaft genau drei Nischen zugestanden werden: als CasinobetreiberInnen, als NamensgeberInnen von Waffensystemen wie Kampfhelikoptern (Apache) und Raketen (Tomahawk) – und nicht zuletzt: als Maskottchen amerikanischer Sportmannschaften.

Insbesondere Letzteres gibt auch in den USA immer wieder zu reden. Und das schon seit den sechziger Jahren. Dabei kommen zwei Teams immer wieder unter Beschuss: die Baseballmannschaft Cleveland Indians mit ihrem grinsenden Maskottchen «Chief Wahoo» und, sehr aktuell, das Footballteam der Hauptstadt, die Washington Redskins, also Rothäute. Um das vorwegzunehmen: Allein an der Frage, ob dieses Wort nun abwertend sei, können sich US-amerikanische KommentatorInnen aufreiben. Wahr ist, dass der Begriff im 19. Jahrhundert für abgeschnittene Skalps systematisch «erlegter» UreinwohnerInnen benutzt wurde. Eines der dunkelsten Kapitel in der amerikanischen Geschichte. Doch in den immer noch jungen USA sind Geschichte und Traditionen eben zwei verschiedene Dinge.

Der aktuelle Besitzer der Redskins, Daniel Snyder, will davon nichts wissen. Er betont immer wieder, der Name berufe sich auf eine achtzigjährige Tradition, und überdies «ehre (der Name) das Erbe der UreinwohnerInnen». Doch die Debatte hat in den letzten Wochen ein Ausmass angenommen, das es so nur in den USA geben kann. Es werden Umfragen hin und her geworfen, eine «South Park»-Folge widmete sich dem Thema, und dem Comedy-News-Format «Daily Show» wurde mit Klage gedroht, als es eine Sequenz ausstrahlte, in dem Redskins-Fans mit echten «Redskins» konfrontiert wurden. Prominente (unter ihnen auch US-Präsident Barack Obama), religiöse Gruppen und nicht zuletzt diverse SportjournalistInnen fordern inzwischen eine Namensänderung. Die «Washington Post», immerhin eine der grössten Zeitungen des Landes und in der gleichen Stadt zu Hause, hat angekündigt, das Team womöglich nicht mehr bei seinem Namen zu nennen. Einige FernsehreporterInnen haben versprochen, das Team nur noch «Washington» zu nennen, und inzwischen sind sogar Fälle von Schiedsrichtern bekannt geworden, die sich weigern, Spiele der Mannschaft zu pfeifen.

Doch gerade in der schnelllebigen Medienlandschaft der USA kann sich die öffentliche Empörung so schnell legen, wie sie aufgelodert ist. Vielleicht kommt die Veränderung von unerwarteter Seite: Letzten Monat entschied das Markenrechtsgericht TTAB zugunsten einer Gruppe von UreinwohnerInnen, die gegen den Markenschutz des abwertenden Begriffs «Redskin» klagten – in den USA ist dies explizit verboten. Zwar ist klar, dass das Footballteam den Entscheid weiterziehen wird – eine ähnliche Klage wurde 1992 vom Obersten Gerichtshof zugunsten des Teams entschieden. Doch scheint der wirtschaftliche Druck die einzige Möglichkeit zu sein, Snyder doch noch zum Einlenken zu bringen. Denn nun geht es plötzlich um Millionenbeträge – und ohne die riesigen Einnahmen aus dem Merchandisinggeschäft könnte das Team wahrscheinlich einpacken.

Auch ein Namenswechsel wäre natürlich für das Unternehmen nicht gratis zu haben – MarketingexpertInnen gehen von bis zu fünf Millionen US-Dollar aus. Bei einem Gesamtwert des Unternehmens von 1,7 Milliarden Dollar klingt das zwar nach einem Trinkgeld. Aber mit Traditionen bricht man eben nicht so leicht.

Etrit Hasler verbrachte sein Austauschjahr in Washington DC, zog aber immer die New York Jets den Washington Redskins vor. Die spielen zwar genauso schlecht, aber der Name ist unverdächtiger.