Ausserdem: Die dreiste Offensive der Provider
Öffentlich weitgehend unbeachtet findet derzeit ein politisches Ringen um die Netzneutralität statt. Der Begriff bezeichnet die gleichberechtigte Übertragung von Daten im Internet. Netzneutralität ist dann erreicht, wenn sämtliche Daten – unabhängig von Absenderin, Empfänger, Dienst oder Inhalt – von den Telekommunikationsanbietern (Providern) in gleicher Qualität und gleicher Geschwindigkeit weitergeleitet werden.
Vor zwei Jahren lancierte der grüne Nationalrat Balthasar Glättli mit einer Motion die politische Debatte um die Netzneutralität. Mittlerweile hat sich unter dem Schirm des Bundesamts für Kommunikation eine Arbeitsgruppe gebildet, die sich mit dem Thema auseinandersetzt. Vor drei Wochen ist ein offizieller Bericht erschienen, der als Grundlage für die weitere politische Auseinandersetzung dienen soll. Im Zentrum dieser Auseinandersetzung stehen zwei Interessengruppen, die sich auch in der Arbeitsgruppe gegenüberstehen: die Provider und die Netzgemeinde.
Am vergangenen Freitag sind nun die vier grossen Schweizer Provider Swisscom, Sunrise, Orange und UPC Cablecom sowie der Verband Swisscable vorgeprescht. Sie präsentierten einen «Verhaltenskodex», in dem sie ein «offenes Internet garantieren». Sie versprachen darin unter anderem, dass von ihnen keine Dienste oder Anwendungen gesperrt würden.
Das klingt gut. Doch bei genauerem Hinsehen entpuppt sich die Offensive der Provider als dreister Versuch, die Deutungshoheit über den Begriff zu erlangen. Nur die Blockierung von Daten sei im Kodex der Provider verboten, nicht jedoch ihre Verlangsamung, schreibt etwa die Digitale Gesellschaft, ein Zusammenschluss netzpolitischer Organisationen und AktivistInnen. Auch die kommerzielle Diskriminierung sei zugelassen. Dazu ein Beispiel: Swisscom berechnet den Datenverbrauch ihres eigenen Mobile-TV-Angebots Swisscom TV nicht, Konkurrenzangebote wie Zattoo hingegen schon. Entsprechend fordert die Digitale Gesellschaft eine von den Providern unabhängige Verankerung der Netzneutralität im Gesetz. Es geht um viel in dieser politischen Auseinandersetzung, und sie betrifft uns alle.