Porträt: Damit eine einzige Stichsäge reicht

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Der Kanton Zug hat in den letzten Jahrzehnten mit Hanspeter Uster und Jo Lang zwei über die Kantonsgrenzen hinaus prägende links-grüne Politiker hervorgebracht. Nun tritt der junge Andreas Lustenberger in ihre Fussstapfen.

Mit vollem Einsatz gegen die Zersiedelung: Andreas Lustenberger auf dem Baarer Rathausplatz.

«Ich bin ein Spätzünder im Vergleich zu anderen ‹Jungpolitikern›», sagt Andreas Lustenberger. Als die Jungen Grünen vor acht Jahren mit ihrer Stopp-Offroader-Initiative für Furore sorgten, war Lustenberger jedenfalls noch nicht in die Politik eingestiegen. Heute ist der 28-jährige Geograf Kopräsident der Jungen Grünen Schweiz und Zuger Kantonsrat. Bei den nationalen Wahlen im Herbst wird Lustenberger einer der aussichtsreichsten Kandidaten aus dem links-grünen Lager sein – und vor wenigen Wochen hat er zum Thema Wohnpolitik eine nationale Initiative lanciert, die inhaltlich wesentlich überzeugender ist als die populistische Stopp-Offroader-Initiative.

Am Anfang stand der Zufall, sagt Lustenberger: «Ich habe eine KV-Lehre gemacht und war in meiner Freizeit in der Pfadi, im Turn- und im Musikverein im Dorf. Politik war mir nicht so wichtig.» Erst als er die Matura nachholte und später in Zürich Geografie studierte, habe sich das geändert. «Und dann bin ich im Frühjahr 2011 im Sekretariat der Jungen Grünen Zürich gelandet, wo zufällig ein Job frei war.» Damals lief die Kampagne für die letzten nationalen Wahlen an – auch wenn diese für die Jungen Grünen nicht gerade erfolgreich war, hatte ihn die politische Arbeit gepackt.

Kampf gegen Golfplatz

Bald folgten der Einstieg in die lokale Politik, bei den Grün-Alternativen in seiner Wohngemeinde Baar, und seine erste politische Auseinandersetzung: um einen Golfplatz. «Ein unsinniges Projekt», so Lustenberger, «denn am Zugersee existiert schon ein Golfplatz, und vor allem wäre eine wichtige landwirtschaftliche Nutzfläche verschwunden – auf Kosten einer exklusiven Nutzung.» Die Grün-Alternativen starteten eine Gegenkampagne: Sie organisierten Begehungen im betroffenen Gebiet, gingen auf die Strasse und konnten eine Abstimmung verhindern, indem sie zu Recht monierten, dass im Abstimmungsbüchlein die GolfplatzgegnerInnen nicht zu Wort kämen. «Ich habe viel gelernt dabei: wie wichtig es ist, mit den Leuten zu reden und sich mit anderen Organisationen und Parteien zu vernetzen», sagt Lustenberger.

«Wenn ich irgendwo mitmache, engagiere ich mich mit vollem Einsatz», charakterisiert sich Lustenberger selbst. Sein voller Einsatz zahlte sich bald auf weiteren politischen Ebenen aus: Vor gut drei Jahren wählten ihn die Jungen Grünen zu ihrem Kopräsidenten, im Herbst 2013 rutschte Andreas Lustenberger in den Zuger Kantonsrat nach – und verteidigte den Sitz bei den letztjährigen Wahlen.

Neben seiner Einsatzfreude erwähnt Lustenberger einen zweiten Punkt, der ihm entscheidend geholfen hat: «Ich habe immer auf wertvolle Unterstützung zählen können.» Mit Hanspeter Uster, dem langjährigen kantonalen Justiz- und Polizeidirektor, und dem ehemaligen Nationalrat Jo Lang gehörten zwei der profiliertesten links-grünen Politiker dieses Landes zu seinen Mentoren. «Sie haben mich motiviert und in ihr Netz eingeführt. Ausserdem haben sie mir klargemacht, wie wichtig es ist, strategisch vorzugehen.» Gerade in einem dermassen rechtsbürgerlich dominierten Kanton wie Zug sei das unerlässlich. So hat sich Lustenberger in relativ kurzer Zeit das Rüstzeug geholt, um erst eine kantonale und mittlerweile auch eine nationale Initiative mitzulancieren.

Einen Nerv getroffen

«In meinem Alter kennt jeder Leute aus dem Freundeskreis, die aus Zug wegziehen mussten, als sie ein Kind bekamen, weil es schlicht nicht möglich war, bezahlbaren Wohnraum zu finden», sagt Lustenberger. Das Problem sei so akut, dass es auch den älteren BürgerInnen im Kanton bewusst sei. «Also haben wir von den Jungen Alternativen gemeinsam mit der Juso im letzten Sommer eine Initiative für bezahlbaren Wohnraum lanciert.» Das Unterschriftensammeln laufe sehr gut, die Gespräche auf der Strasse zeigen, dass sie einen Nerv getroffen hätten.

Das Thema «Wohn- und Siedlungspolitik» hat Andreas Lustenberger als Kopräsident der Jungen Grünen Anfang Dezember 2014 auch aufs nationale Parkett geholt und eine Volksinitiative angekündigt, die die Zersiedelung stoppen soll. Diese sieht einen baldigen absoluten Einzonungsstopp vor und die Förderung von nachhaltigen, neuen Wohnformen. «Wir orientieren uns an bestehenden Projekten wie der Kalkbreite in Zürich oder der Giesserei in Winterthur, wo vieles geteilt wird, wodurch der Ressourcenverbrauch sinkt. Die Kita, das Café, die Bibliothek sind alle an einem Ort. Eine Werkstatt steht allen offen, so braucht es in der Siedlung nur eine einzige Stichsäge.»

Lustenberger ist überzeugt, dass die Zersiedelungsstopp-Initiative ein gutes Vehikel für den kommenden Wahlkampf ist, weil sie sowohl sozialpolitische als auch ökologische Fragen aufwerfe. «Als Grüne müssen wir neben der Umwelt zwingend auch soziale Fragen in den Mittelpunkt stellen. In Zug machen wir Grün-Alternativen das seit Jahrzehnten mit Erfolg – so sehr, dass wir die SP links überholt haben.»