Medientagebuch: Ein Blog gegen die Hetze

Nr. 7 –

Rudolf Walther über die Rückkehr des «Bild»-Blogs

Sie ist ja nicht ganz unberechtigt, die Skepsis gegenüber der Bloggerei, der schnellen Onlineschreiberei und der damit verbundenen Instantdenkerei. Vieles von dem, was auf diesem Weg öffentlich wird, verdient keine Beachtung, nicht einmal polemische Kommentierung.

Aber es gibt natürlich auch ganz andere, durchaus ernst zu nehmende Blogs: Innerhalb von wenigen Wochen ist es einer Gruppe von fünf Leuten gelungen, die Spenden zusammenzubringen, um den «BILDblog.de » weiter zu betreiben, der 2004 gegründet wurde und zeitweilig gefährdet war. Der Bekannteste und Rührigste unter den beteiligten JournalistInnen ist der deutsche Medienkritiker Stefan Niggemeier, der sich im Sumpf des Boulevards gut auskennt – er schreibt sonst für den «Boulevard der Besserverdienenden», die konformistische «Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung», sowie für das oppositionelle Onlinemedium «Krautreporter» und den «Freischreiber».

Die «Bild»-Zeitung, das haben zuletzt der Kommunikationswissenschaftler Hans-Jürgen Arlt und WOZ-Mitarbeiter Wolfgang Storz dargelegt, macht nicht «einen anderen Journalismus», sondern «etwas Anderes als Journalismus» (die Studie von Arlt und Storz ist verfügbar unter: www.otto-brenner-stiftung.de). Das Andere im Journalismus von «Bild» und «Bild am Sonntag» besteht darin, dass sich die Blätter ihrer prominenten, freien und billigen MitarbeiterInnen – nämlich der PolitikerInnen – bedienen, um ihren Geschäftszweck («profitables Wachstum») zu realisieren.

Die nahtlose Symbiose von der Geschäftsorientierung einer Zeitung und dem Interesse der BerufspolitikerInnen an möglichst viel medialer Präsenz machen die beiden Springer-Blätter zu Leitmedien, zu Themensetzern in der deutschen publizistischen Landschaft. Wer etwas unters Volk bringen will, muss bei «Bild» präsent sein. Dass sich auch Sozialdemokratinnen und gar Politiker der Linkspartei willfährig in dieses Geschäftsmodell – Arlt/Storz nennen es treffend «Publizismus» – einspannen lassen, ist erstens verantwortungslos und zweitens à la longue wohl eher ein Bumerang. Wenn Linke auf Populismus machen, haben sie schon verloren, denn von rechts kommen allemal die härteren Forderungen nach Demontage sozial- und rechtsstaatlicher, menschen- und völkerrechtlicher Normen und Standards.

Das ist exemplarisch zu sehen an der Griechenlandhetze, die «Bild» mit der Staatsschuldenkrise betrieb, indem sie diese – unisono mit vielen anderen Medien – zur Eurokrise erklärte, als ob es vor allem um den Euro gegangen wäre, nicht um die fahrlässigen Kreditgeschäfte von europäischen Banken mit der rundum korrupten griechischen Elite in Politik, Militär und Wirtschaft. Die Hetze lief sich bald tot, wurde aber von «Bild» nach dem Wahlsieg von Syriza sofort reanimiert: «Das sollen die Griechen alles kriegen! Weihnachtsgeld, Mindestlohn 30 % rauf. 1000 Euro für Putzfrauen (halbtags)» hiess eine Schlagzeile.

Mit solchen Parolen werden PolitikerInnen, die den Sparkurs, der Griechenland aufgezwungen wurde, nicht für der Weisheit letzten Schluss halten, in die Defensive und letztlich nach rechts gedrängt. Sie müssen also mithetzen, um ihre Wählbarkeit beim «Bild»-Publikum zu erhalten. Man kann dem «BILDblog.de », der auch aus der Schweiz mit medienkritischen Texten beliefert wird, nur viel Erfolg wünschen in einem verbiesterten Klima, in dem «Dschungelcamp» mehr ZuschauerInnen erreicht als seriöse Informationssendungen.

Rudolf Walther ist Journalist in Frankfurt am Main.