Katastrophenwarnungen: Die langweilige Naz beim Babs

Nr. 19 –

Dieser Tage wird der Raumtransporter Progress M-27M auf die Erde stürzen. «Das Risiko, dass die Schweiz betroffen ist und dass es dabei zu Schäden kommt, wird als äusserst gering eingeschätzt», schreibt die Nationale Alarmzentrale (Naz). Die Schweiz sei zu klein, um Trümmerteile abzubekommen. Was für eine Überraschung.

Die Nullmeldung wurde auf allen Kanälen verbreitet. Jetzt könnte man sich über die Naz lustig machen. Die Naz gehört zum Babs, zum Bundesamt für Bevölkerungsschutz, das von Militärminister Ueli Maurer regiert wird. Die Naz-Medienmitteilungen klingen aber nicht militärisch, sondern zum Gähnen: Da geht es um Dauerregen, Sonnenfinsternis oder Aeroradiometrie. Die wenigsten wissen, was Aeroradiometrie ist und was die Naz-Leute wirklich treiben, und das ist gut so.

Bei der Aeroradiometrie fliegen Flugzeuge übers Land und messen die Radioaktivität.

Die Radioaktivität ist eines der Kerngeschäfte der Naz-Leute. Sie sind wie Wachhunde, die den feinsten Hauch einer drohenden Gefahr wittern. Selbst Waldbrände in Sibirien oder im Norden der Ukraine interessieren sie, weil man nie weiss, ob in den Gebieten um die Atomanlagen von Mayak oder rund um Tschernobyl Radioaktivität freigesetzt wird. Wenn es dort brennt, rechnen sie aus, wohin sich die Luftmassen bewegen, um abschätzen zu können, ob eventuell eine strahlende Wolke Richtung Westeuropa zieht.

Nach einem starken Erdbeben checken die Naz-Leute, wie nahe das nächste Atomkraftwerk steht. Das taten sie auch im März vor vier Jahren, als in Japan die Erde bebte und in Fukushima mehrere Reaktoren durchschmolzen. Während Tagen herrschte im Naz-Gebäude am Zürichberg Ausnahmezustand. Man versuchte, die Lage in Fukushima zu erfassen, was nicht einfach war, weil aus Japan kaum brauchbare Informationen kamen.

Würde in der Schweiz ein Atomkraftwerk ausser Kontrolle geraten, wäre in den ersten Stunden und Tagen auch die Nationale Alarmzentrale in der Verantwortung und müsste entscheiden, ob Gebiete evakuiert werden. Das Chaos würde regieren, die Kommunikation zusammenbrechen und der Verkehr kollabieren – dann doch lieber Nullmeldungen aus der Naz.