Luftwaffe: Ränkespiele um Armeeflugzeuge

Nr. 24 –

Der Nationalrat entscheidet über neue Transportflieger, die auch für Ausschaffungen eingesetzt würden. Oder nicht?

Am kommenden Montag entscheidet der Nationalrat, ob der Bundesrat die Beschaffung von neuen, grossen Transportflugzeugen für die Armee einleiten soll. Der Ständerat hat das Anliegen bereits gutgeheissen. Der SP kommt bei der Abstimmung im Nationalrat wohl die Rolle der Entscheidungsträgerin zu, weil Grüne und SVP das Geschäft mehrheitlich ablehnen werden. Die Waadtländer SP-Ständerätin Géraldine Savary hat die Debatte über die Beschaffung von Transportflugzeugen mit einer Motion im Dezember mitlanciert. Sie will militärische Transportflugzeuge für «friedensfördernde Einsätze» und «humanitäre Missionen» im Ausland.

Infolge der Berichterstattung der WOZ von letzter Woche geriet die Frage in den Fokus, ob die neuen Maschinen auch für Ausschaffungen verwendet werden würden, was Savary verärgerte. «Es wäre geradezu idiotisch, diese Transportflugzeuge auch für Ausschaffungen einzusetzen», sagt die Waadtländerin.

Manöver von Ueli Maurer?

Die Schweizer Luftwaffe hatte im Auftrag des Staatssekretariats für Migration (SEM) in den Jahren 2010 bis 2014 auf zehn Flügen insgesamt siebzehn Personen ausgeschafft. Zwar informierte der Bundesrat in einer Stellungnahme im Dezember 2010 den Nationalrat über diese Praxis, einer breiteren Öffentlichkeit waren die Ausschaffungen in der kleinen Transportmaschine Beech 1900D aber nicht bekannt.

Diese früheren Ausschaffungen per Armeemaschine nähren bei armeekritischen Linken den Verdacht, dass dafür bald auch grössere Transportflugzeuge eingesetzt werden könnten.

Vor elf Jahren beriet das Parlament schon einmal über die Beschaffung von Transportflugzeugen. Auch damals war die Linke gespalten. Am Ende setzte sich der armeekritische Flügel mithilfe der SVP durch, die in Auslandseinsätzen eine Gefährdung der Neutralität sieht. Heute scheint diese Allianz zerbrochen: Am Dienstag informierte die SP, die Fraktionsmehrheit habe sich dafür ausgesprochen, dass der Bundesrat die Beschaffung von Transportflugzeugen prüfe.

Dass die Ausschaffungsflüge überhaupt zum Thema in der aktuellen Verhandlung über die Transportflugzeuge wurden, liegt an Verteidigungsminister Ueli Maurer. Dieser sagte im März während der Debatte im Ständerat, sein Departement stehe wegen der Frage allfälliger Ausschaffungen in Kontakt mit dem Justizdepartement von Simonetta Sommaruga.

Allerdings versicherte Armeechef André Blattmann der Sicherheitskommission des Nationalrats später in einer Sitzung, dass Maurer entschieden habe, ein allfällig neues Transportflugzeug nicht für Ausschaffungsflüge zu nutzen.

SP-Ständerätin Savary will nicht, die Grünen wollen nicht, Ueli Maurer will auch nicht – hegt also überhaupt jemand tatsächlich den Wunsch, künftig auch grosse Transportflugzeuge für Ausschaffungen zu nutzen?

In der SP denken manche, Maurer habe die Frage der Ausschaffungsflüge bewusst in die Debatte eingebracht, um die Linke zu spalten und so künftige Friedenseinsätze zu verhindern. Doch die ablehnende Haltung des VBS-Chefs deutet in eine andere Richtung: zum SEM, das dem Justizdepartement angegliedert ist.

SEM: Einzelfallprüfung

Tatsächlich wurde das SEM eingeladen, Anforderungen für eine allfällige Neuanschaffung zu formulieren. Das Justizdepartement verlautet, es gebe kein explizites Bedürfnis, ein neues Transportflugzeug für Rückschaffungen zu nutzen. «Eine Neuanschaffung ändert bezüglich Anzahl Rückschaffungsflüge nichts. Wenn ein Flugzeug beschafft würde und es für Rückschaffungsflüge geeignet ist, würde wie bisher geprüft, ob es im Einzelfall genutzt werden kann.»

Für die grüne Nationalrätin Aline Trede ist deshalb klar, dass die Vorlage bekämpft werden muss. Schliesslich müssten die Transportflugzeuge – wenn sie einmal gekauft sind –, ja auch genutzt werden, so Trede.

Nachtrag von 18. Juni 2015 : Bruchlandung für Transportflugzeuge

Am Dienstag hat sich der Nationalrat gegen den Kauf neuer Transportflugzeuge für die Armee ausgesprochen. Die entsprechende Motion von SP-Nationalrat Pierre-Alain Fridez, die mehr «Lufttransportmittel zur Friedensförderung» forderte, fand überraschenderweise keine Mehrheit. Den Ausschlag gaben ausgerechnet die Stimmen von zwölf armeekritischen SP-NationalrätInnen, die die Motion ihres Parteikollegen nicht unterstützen wollten. Wie vor elf Jahren gelang es dem sozialdemokratischen Flügel, der militärische Auslandseinsätze als friedensfördernde Massnahme begrüsst, nicht, die ganze Fraktion von seinem Anliegen zu überzeugen.

Die linken GegnerInnen von Transportflugzeugen, zu denen die Grünen gehören, fordern eine zivile (und eben nicht militärische) Friedensförderung. Zudem blieben Bedenken bestehen, die Flugzeuge könnten auch zur Ausschaffung von Flüchtlingen genutzt werden. Dass diese Befürchtungen berechtigt waren, zeigt Verteidigungsminister Ueli Maurers Aussage in der aktuellen Debatte im Nationalrat: «Ich sehe nicht ein, weshalb wir mit ihnen nicht auch Ausschaffungsflüge machen könnten.»

Aus ganz anderen Gründen haben SVP und CVP die Motion abgelehnt: Sie witterten im Anliegen einen Umbau des Militärs in eine «Friedensförderungsarmee», der man die Mittel zur Landesverteidigung wegnehme.

Jan Jirát