Mali: Fadenscheiniger Friedensvertrag

Nr. 26 –

Am 20. Juni stimmte auch die Separatistengruppe Koordination der Bewegungen des Azawad (CMA) einer Friedensvereinbarung zu, die die malische Regierung schon vor einem Monat mit anderen bewaffneten Gruppen aus dem Norden des Landes unterzeichnet hatte. Dass dieser Vertrag den erhofften Frieden bringen wird, ist allerdings unwahrscheinlich. Denn die zentralen Anliegen der Aufständischen – die meisten von ihnen sind Tuareg – flossen kaum ein: Noch vor drei Jahren hatten deren Führer eine unabhängige Republik gefordert. Die Regierung in Bamako gestand ihnen nun einige wenige Rechte zu. Im Gegenzug sollen alle Rebellen die Souveränität der Regierung von Präsident Ibrahim Boubacar Keita anerkennen. Diese Rechnung geht für einen grossen Teil der Bevölkerung nicht auf: Sie fühlen sich von den Separatistenführern nicht vertreten und wollen ihren Kampf für die Autonomie nicht aufgeben.

Gegenüber dem Nachrichtenportal Al Jazeera erklärten die meisten befragten Tuareg, die Vereinbarung sei erzwungen worden und bringe nichts. Allerdings machte die Regierung auch eine versöhnliche Geste: Sie versprach, Haftbefehle gegen SeparatistInnen aufzuheben. Unter deren Aufstand gegen die Regierung, der anfangs von verschiedenen islamistischen Gruppen unterstützt worden war, und dem Putsch gegen Präsident Amadou Toumani Touré von 2012 wäre Mali fast kollabiert. Die rund 11 500 Blauhelme der Uno konnten der Gewalt der Islamisten kaum trotzen und geniessen in der Bevölkerung kein hohes Ansehen.

Als die frühere Kolonialmacht Frankreich Anfang 2013 die Islamisten am Vormarsch auf Bamako hinderte, liess sie die Separatisten gewähren und verlieh ihnen so Legitimität. Frankreich dürfte sogar an der Autonomie Nordmalis interessiert sein. Denn dieses Gebiet verfügt über Bodenschätze – etwa Uran, Gold und Erdöl. Je näher die befreundeten Rebellen ihrem Ziel, einem unabhängigen Staat Azawad, kommen, desto einfacher könnte sich Frankreich später einen Zugang zu diesen Ressourcen schaffen. Ein Friedensvertrag und ein starker malischer Staat sind wohl nicht im Sinn Frankreichs.